So habe ich das Messer geschärft

Begonnen von alvaro, 12. März 2020, 14:05:40

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DailyDriver

Zitat von: MRetro in 04. Juli 2025, 19:54:46@DailyDriver

Wow, klasse gemacht. dh:
Hast du dir das selber ausgedacht oder gibt es für so etwas auch Anleitungen online?
Vielen Dank!  dh:

Die Halterung ist schon lange auf dem Markt, wird z.B. auch an Teleskopen der Spektiven adaptiert.
Bei dem ,,Brettchen" ist Idee & Umsetzung auf meinem ,,Mist" gewachsen. Zu Anfang hatte ich das
Messer einfach nur auf das Brettchen gelegt, allerdings dann sehr schnell festgestellt, dass ich 
bei nahezu jeder Bewegung des Kreuztisches das Messer gleich mit verschoben habe, auch bin ich
mit der Beleuchtung öfters dagegen gestoßen. Dann halt ein wenig drauf rumgedacht, dabei fiel mir
ein, dass die Klingen im Normalfall ja magnetisch sind...so hat sich die bis jetzt sehr gut funktionierende 
Lösung gefunden...
LIEBER HABEN OHNE ZU BRAUCHEN ALS GAR KEIN SPASs! 😎

alvaro


DailyDriver

#512
...nach der ,,Renovierung" frisch auf die Steine...

Wenn die aktuellen Messer nicht auf die Steine müssen oder sollen, muss halt ein anderes Messer her und somit schließt sich der Kreis schon fast. Das schöne an der Arbeit bzw. am Vergnügen, die ein ,,restaurierungswürdiges" Messer ist, man kann endlich wieder ein Messer nach seinen Vorstellungen über die Steinchen schicken. So auch in diesem Fall, hier handelt es sich um das Friedrich Schlemper (Focus) in schönen 5/8. Nach dem Aufarbeitung und Aufhübschen des Messers entschied ich mich für eine Progression auf jSyn mit Finish auf dem NAKAYAMA ASAGI, also eine rein japanische Angelegenheit, abgesehen von den genutzten Lederriemen. Ein weiterer, für mich recht wichtiger und letztendlich äußerst positiver Nebeneffekt ist, ich kann die komplette Schneide von Grund auf neu erarbeiten.


Die Progression:

1 x Tape

-SHAPTON Pro & SHAPTON Glass 1K —> setzen der Facette
-SHAPTON Glass 4 & 8k
-Zwischenledern mit QUERCUR Shell Cordovan (der Spanier) mit ca. 1,5-2 Sätzen
-NAKAYAMA ASAGI, angerieben mit Tomo Nagura (16⇅ & 3⇅) dann bis zum klaren Wasser verdünnt
-NAKAYAMA ASAGI (16⇅ & 3⇅) m. klarem Wasser, stationär, dann unter fließend Wasser, nur ⇅

2 x Tape

-NAKAYAMA ASAGI (nur ⇅) um einen 2.Winkel zu setzen—
-Finales Ledern auf dem Spanier und dem SM3

Zur Progression möchte ich anmerken, dass ich durchaus bereits einiges an ,,krumm & schief" über die Steine schieben durfte, aber bei diesem Messer kam etwas Neues. Wie immer prüfte ich im Vorfeld, wie es um die Geometrie der Klinge bestellt ist und konnte bis auf ein minimales Lächels, aber wirklich nur minimal nichts anderes feststellen, dennoch hatte ich das Problem, dass ich auf der Vorderseite die ersten 1,5cm ab der Klingenspitze kaum erreichen konnte, das kuriose war bzw. ist aber, dass das auf der Rückseite ohne Probleme ging. Jetzt denkt sich der halbwegs erfahrene Schärferlehrling, dass die Längsachse in sich etwas gedreht ist und entsprechend spiegelverkehrt dann auf der Rückseite die hinteren 1,5cm nicht erreicht werden...tja, Pustekuchen, genau das war bzw. ist hier bei dem Messer nicht so, die letzten cm zeigten sehr deutlich, dass hier Kontakt zum Stein vorhanden war. Ich denke mir, da ist wohl dem Schleifer beim Bearbeiten der Hohlung ein Fehler passiert und sich so der einseitige, partielle Verschliff zu erklären ist.

Was habe ich nun getan, um diesen Fehler der Klinge entgegenzuwirken? Einzig Bogenschwünge oder eine höhere Anzahl an Schüben auf der Seite brachten da erstmal nix und ich dachte erst an ein gezieltes ,,anheben" der Klinge, ließ aber davon ab, da ich mir der fehlende Kontrolle und somit der daraus wohl unweigerlich entstehenden Ungleichmäßigkeit bewußt war. Stattdessen habe ich eine Unachtsamkeit aus der Anfangszeit meiner ,,Schärfkarriere", nämlich zuviel einseitiger Druck, diesmal bewußt und gezielt eingesetzt. Durch ein Versetzen der Klinge über die rechte Kannte der Schärfsteine und partiell wohldosierter Druck mit der Fingerspitze brachte letztlich den gewünschten Erfolg. Hier war auch der HHT ein sehr hilfreicher Begleiter zur Erfolgskontrolle, partiell eingesetzt, konnte ich so genau erkennen, inwieweit meine Vorgehensweise Früchte trug. Den daraus resultierende Mehraufwand und höheren Zeitansatz nahm ich aber gerne in Kauf, denn wie sagt da schon der englischsprachige Messerschärfer ,,Only Success Counts" - Nur der Erfolg zählt. Letztendlich hat aber alles noch gut funktioniert und die Facette konnte durchgängig auf beiden Seiten gesetzt werden. Kurios, aber auch irgendwie schön, dass es immer mal wieder eine neue Überraschung gibt.

Auf den ersten beiden Bildern sieht man noch in etwa, wie und wo die ehemalige Facette angesetzt war, zur Unterstützung habe ich den Verlauf mit den roten Hilfslinien markiert. Die Vergrößerung bei allen Aufnahmen ist 80-fach (Mikro) + ca. 3,5 bis 4-fach Zoom am iPhone 13mini, somit bewegen wir uns wieder bei einer Gesamtvergrößerung im Bereich von ca. 240-fach und a bisserl...

 

 

 

Die heutige Rasur zeigt ein sehr ausgewogenes, sanftes und gründliches Rasurverhalten. Dieses kleine hässliche Entlein hat sich mit ein wenig Zuneigung zwar nicht zu einem stolzen Schwan gemausert, aber ein stolzer Erpel ist es allemal geworden.

Zur ersten Rasur bitte hier entlang...

Gruß
Gregor



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Schärf-Legende:

1 Satz sind immer 10 Wiederholungen (10x), egal ob Einzelschübe, Wechselschübe, Doppelzüge oder was auch immer womit wodrauf gemacht wird.

*) Ein Durchgang ,,16⇅ & 3⇅" bedeutet:

16 Schübe/Züge auf einer Seite, dann Seitenwechsel und 16 Schübe/Züge auf dieser Seite. Dann geht es alternierend jew. -2 Schübe/Züge bis runter auf die 0.
Die 3 bedeutet 3 Sätze á 10 Wechselschübe/-Züge


Als Zubehör/Werkzeug diente bewährtes: Edding, Tesa Tape, Uhrmacherlupe+Stirnhalter, Bin-Mikroskop, ne' Schärfbrause, groovige Musik und eine Menge Spaß am Ganzen!
LIEBER HABEN OHNE ZU BRAUCHEN ALS GAR KEIN SPASs! 😎