"Auffrischen" eines RM mit dem Spyderco UF

Begonnen von abc123, 21. Januar 2012, 11:08:51

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abc123

Ich möchte einen kurzen Abriß über eine sehr erfolgreiche - in meinen Augen ideale - Methode zum Auffrischen eines RM geben.

Ich habe meinen Spyderco UF in einer damaligen irrigen Annahme aus den US-Foren auf einer Seite mit feinem Schleifpapier in mühseliger Arbeit geplant. Die originale feine Struktur ist verschwunden, der Stein wurde spiegelglatt und damit auch fast wirkungslos.

Vorausetzung ist ein Messer mit perfekter Geometrie "Rücken - Facette" und keiner Beschädigung der Schneide. Ebenso darf die Schneide nicht durch Pastenriemen übermäßig ballig gemacht worden sein. Der Rücken wird mit einer Lage Tixo (Tesa) abgeklebt. Das hat zwei Gründe: 1. wird sichergestellt, daß die Schneide jedenfalls Kontakt mit dem Stein hat (wobei das bei perfekter Geometrie sowieso gegeben ist), und 2. vermindert es signifikant die Reibung am Stein. Das Messer wird nun auf der originalen Seite des Spyderco UF geschärft. Die Lupenkontrolle sollte einen relativ hohen Abtrag bestätigen. "Bigharry" hatte damals mit seiner Kritik recht, daß der UF einen Grat ausbildet. Nun kommt aber das "Wunder". Die plangeschliffene Seite hat praktisch keinen Abtrag mehr, schafft es aber, mit zugegebener Maßen relativ vielen Schüben, diesen Grat vollständig wegzupolieren. Zum Abschluß ziehe ich das Messer mit leicht angehobenem Rücken ein paar Mal auf einem spiegelglatten Stoßriemen mit einer hauchfeinen Schicht der "rosa Paste" ab, um jede verbliebene Unregelmäßigkeit zu glätten. Das Ergebnis ist ein rattenscharfes Messer, das seine Schärfe auch hält.

Diese Methode ist vielleicht nicht ganz anfängertauglich, erfahrene RM-Schärfer werden aber gut damit zurechtkommen. Ein Nachschärfen vom 1000er an ist völlig überflüssig. Diese Methode ist reproduzierbar, ich habe es selbst mehrfach getestet. Der Schlüssel dieser Methode liegt wohl darin, daß der UF trotz seiner Feinheit extrem stark abträgt. Der Grat wird durch die glatte Seite wegpoliert, dies ist durch die Lupenkontrolle auch belegbar.

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abc123





Hier noch zwei Bilder.
Das erste zeigt die Seite des originalen UF, Struktur und Abtrag sind deutlich zu erkennen.
Das zweite Bild zeigt die polierte Seite, praktisch kein Abtrag zu erkennen.

Tim Buktu

Hört sich interessant an.
In welchem Größenverhältnis stehen denn die Schleifkörper der rosa Paste zu Polierrot und Chromoxid?
Tranquilo - In der Ruhe liegt die Kraft...

PS: Alles nur meine persönliche Meinung, die sich durchaus beeinflussen lässt und sich deshalb gelegentlich auch ändert!

abc123

Zitat von: Tim Buktu am 21. Januar 2012, 15:20:34
Hört sich interessant an.
In welchem Größenverhältnis stehen denn die Schleifkörper der rosa Paste zu Polierrot und Chromoxid?

Die "rosa Paste" ist jedenfalls sehr, sehr fein. Chemisch ausgetestet hat sie, meines Wissens nach, noch keiner. Den Vergleich zu Polierrot kann ich mangels Erfahrung leider nicht ziehen. Chromoxid in Form der Lukas Acryrl- und Ölfarbe habe ich zwar getestet, bin aber mit beiden leider nie wirklich zurecht gekommen. Aber bezüglich des Pasteneinsatzes geht es primär nicht darum den eigentlichen Grat zu entfernen, das macht die polierte Seite des UF, sondern nur den letzten "Mist" von der Schneide abzutragen. Mit der 30x Lupenkontrolle ist auch kein signifikanter zweiter Schneidenwinkel zu erkennen.

Mein Stoßriemen ist auch vollkommen glatt, das Leder dient wirklich nur als Trägermaterial der Paste (siehe Foto). Höchstwahrscheinlich sind auch andere Trägermaterialien denkbar.

Der Vorteil dieser Methode liegt, meines Erachtens, darin, daß sich erfahrene RM-Benutzer und -Schärfer sich den langen Weg über den Neuaufbau der Facette ersparen. Der Verschleiß liegt quasi bei null! Ich möchte aber insofern davon abraten, den Grat des UF allein durch einen Pastenriemen zu entfernen. Das würde die Schneide ballig machen, was gerade nicht Sinn und Zweck dieser Methode ist. So wie beschrieben, läßt sich die Methode fast unbegrenzt reproduzieren. Gerade bei erfahrenen RM-Benutzern, muß das Messer ja nur alle heiligen Zeiten nachgeschärft werden.

Ich möchte die Grundidee dieser Methode aber keinesfalls als neu darstellen, das Konzept der "Barberhones" gibt es schon ewig. Man sollte aber nicht vergessen, daß es sich bei dem Spyderco UF um einen gesinterten, künstlichen Saphir handelt. Ein Material, das damals so noch nicht zu Verfügung stand. Und weiters möchte ich davor warnen: Das Abrichten dieser Steine mittels Diamantplatte oder sonstigem, wie auf "BadgerandBlade" propagiert, ruiniert die Wirksamkeit der Steine!! Das "Gehimnis" dieser Steine liegt in deren Oberfläche selbst. Nur in diesem Fall ist eine plane, polierte Oberfläche von nutzem! Diese kann mit einigem Aufwand durch Abrichten auf einer Glasplatte mit hochqualitativem Naßkorundpapier, ca. 120 - 150 Körnung, erfolgen.

Ich kann nur jedem erfahrenen RM-Schärfer nahelegen, diese Methode zu probieren. Ein Profi wird schnell erkennen, ob ein RM seine Schärfe durch einen instabilen, aber sauscharfen Grat, vorgaukelt, oder über viele Rasuren von Bestand ist.

[Das Bild ist nicht "per se" schlecht, sondern soll nur darstellen, daß die Oberfläche spiegelglatt ist und das Leder nicht als "offenporiges" Medium gebraucht wird.]


Lord Vader

schön, mal wieder was vom UF zu lesen. irgendwie ist dieser stein, der ja auch hier mal richtig gefeiert wurde, in der versenkung verschwunden. und interessante methode. leider besitze ich keinen UF, hatte damals mal überlegt, aber irgendwie ist es damals bei mir nicht zu einem kauf gekommen.

CaptnAhab

#5
Zitat von: abc123 am 24. Januar 2012, 23:53:07
...Man sollte aber nicht vergessen, daß es sich bei dem Spyderco UF um einen gesinterten, künstlichen Saphir handelt.  ... Das "Gehimnis" dieser Steine liegt in deren Oberfläche selbst. Nur in diesem Fall ist eine plane, polierte Oberfläche von nutzem! ...
wie abc123 interessanterweise beschreibt, dass das geheimnis seines Spyderco UF in der polierten oberfläche steckt, fallen mir beim saphir allgemein edelsteine und ihre polierten oberflächen ein, die früher in vielen handwerklichen prozessen verwendung fanden (zb. uhren).
ich habe einen beitrag zu einem ähnlichen "edelstein", der allerdings etwas "ot" ist, ich hoffe mal, mir ist das hier erlaubt:

einer meiner bekannten, der mir im übrigen das rasieren mit dem messer beibrachte, verwendet zum auffrischen seines rm immer einen polierten "achat", auf den er schwört.
dieser achat, ein halbedelstein, wurde extra für ihn auf bestellung auf banksteingrösse gefertigt (geschnitten) und poliert, und kam direkt vom hersteller aus idar oberstein, dem deutschen achat-schleif-zentrum.
der stein bringt - wie der obige, künstliche saphir - auch fast keinen materialabtrag ein, also quasi null verschleiss und frischt lediglich den schneidenwinkel auf.

mein bekannter führt dabei das messer ohne rücken abzukleben, mit wasser aufgelegt, flach drüber. ob er sein rm jeweils vor oder nach dem rasieren drüberschiebt, weiss ich leider nicht mehr. geledert wird aber vorher. aber er hat nach seiner eigenen aussage seit 30 jahren nie mehr "richtig" geschärft (auf einem abträger), und die facette neu aufgebaut, sondern es genügt vollständig die auffrischung durch die "achat-politur". was dabei allerdings genau passiert, also ob der achat nur immer den ersten schneidenwinkel poliert und wie er gegebenenfalls den zweiten schneidenwinkel hinkriegt, durch crox-paste, o.ä., weiss ich leider nicht so genau. er macht da ein bisschen ein geheimnis draus und machte das zwar vor meinen augen, aber sehr schnell. nur 10 schübe abwechselnd pro seite.
Gruß CA

MadScientist

#6
Edit: hab den Stein gefunden, also hat sich der Absatz erledigt:
Vorweg eine Frage an abc123: unter welcher Handelsbezeichnung wird der Stein vertrieben, mit dem Suchbegriff "Spyderco UF" konnte ich nur Deinen Beitrag bei den Nachbarn entdecken, und ein paar englischsprachige Foren, aus denen ich auch nicht so recht ableiten konnte, um welchen Stein es sich da genau handelt.

Zur Methode selbst: wie Du ja selbst sagst, nicht neu, sollte also funktionieren. Wenn all die angeführten Kriterien erfüllt sind (keine Ausbrüche, keine Balligkeit) kann man auch mit Bartistos Kieselerde/Ballistol-Methode auffrischen, auch das geht recht schnell. Genauso gut kann ich mir vorstellen, statt auf dem 1000er halt auf dem 5K-Stein zu beginnen, oder sogar höher, je nach Zustand der Schneide.
Das zu beurteilen ist meiner Meinung nach das schwierigste an der Geschichte, für mich ist es nicht einfach, den Zustand einer Schneide unter der Lupe/dem Mikroskop zu erkennen. Ist für mich eher ein Hilfsmittel, um zu sehen, ob der Stein bis vorne durch ist (und auch das erkenne ich nur indem ich in verschiedenen Richtungen schärfe). Also Ausbrüche erkennt man natürlich leicht, aber Balligkeit? Und wenn man sich verschätzt, muss man erst recht von vorne beginnen.

Dass der Achat auch funktioniert, kann ich mir auch vorstellen, ist ja SiO2, Mohshärte 7 (also weicher als ein Kunst-Korund, aber selbes Prinzip). Gibt ja einige Natursteine, die extrem langsam arbeiten, dafür aber gut polieren. Täglich am Stein abzuziehen ist halt etwas, wo man nicht so recht einschätzen kann, wie hoch der Abtrag wirklich ist, und ob man sich da die Messer nicht in Wirklichkeit schneller verschleißt als wenn man sie alle halben Jahre mal über die Steine lässt.
Man kann auch ohne Spaß Alkohol haben.

CaptnAhab

#7
MadScientist,
der verschleiss durch die schneidenpolitur lässt sich in diesem falle abschätzen:
der bekannte hat sein rm seit 30 jahren.

(er ist zwar heute innenarchitekt, aber hat einen metallergesellenbrief, und hat die rm-schalen selbst aus elfenbein und sterlingsilber gebaut,
dh. die elfenbeinschale mit sterlingsilber unterlegt und mit silberrand eingefasst.)

das messer sieht immer noch sehr wertvoll aus und hatte in all den jahren keinen nennenswerten klingenverschleiss.
darauf hat er in seiner aussage über den achat und seinen möglichkeiten des schneidenerhalts wert gelegt und war extra stolz darauf.

was mir allerdings wichtig erscheint, ist der richtige feinheitsgrad der politur des achats. da muss man einen guten draht zum hersteller haben, denn durch eben diese oberflächenfeinheit werden genau die eigenschaften festgelegt, die man braucht.
also wie er exakt die richtige körnung in der bestellung definieren konnte, möchte ich meinen bekannten noch fragen.
Gruß CA