Abkleben des Messerrückens beim Schärfen

Begonnen von Hellas, 15. Dezember 2014, 22:32:38

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Hellas

Die Sache mit dem Abkleben interessiert mich mal sowohl als Thema (wozu, wie, wann), als auch statistisch (wieviele von euch kleben ab und warum). Daher mach ich mal den Strang hier als Umfrage auf. Es wäre schön, wenn ihr nicht nur abstimmt, sondern auch ein paar Worte dazu schreibt, weshalb ihr abklebt oder eben nicht, mit weiteren Details.

Ich mach auch gleich mal den Anfang. Die größte Schärferfahrung habe ich im Vergleich zu vielen Kollegen hier sicher noch nicht, aber ich habe bisher jedes meiner Messer scharf bekommen und auch (mit Ausnahme eines Messers, dessen Marke hier nichts zur Sache tut) Sanft. Anfangs habe ich auch abgeklebt weil man hier oft standardmäßig ließt, dass man das so macht.

Allerdings fand ich es teilweise lästig, das Tape bei jedem Stein zu erneuern und auch, dass teilweise das abgeriebene Tape den Stein zukleisterte..vielleicht zu viel Druck, falsches Tape, oder was auch immer. Habe unterschiedlich Tapes (von Isolierband bis Panzertape) probiert, aber so richtig warm geworden bin ich damit nicht. Dann habe ich das Tape einfach weggelassen und das Schärfen wurde nicht nur für mich angenehmer, ging besser von der Hand, sondern auch die Resultate wurden besser. Ich empfand die Messer sowohl schärfer als auch sanfter. Um für mich "Einbildung" auszuschließen, hab ich dann mal alle Messer, die ich zuvor mit Tape geschärft und gefinischt hatte, noch mal ohne Tape über die Steine geschoben. Bei allen meinen Messern hat sich dadurch die Sanftheit der Rasur insgesamt merklich gebessert.

Für mich bin ich daher zu dem (vorläufigen, da ich ja hier noch was lernen will) Fazit gekommen, dass ich nicht mehr abklebe. Mir erschließt sich derzeit einfach der Sinn (außer dass man evtl vermeiden will, dass der Rücken auf Dauer dünner wird oder die Facette breiter, was ich persönlich aber um den Preis einer sanfteren Rasur in Kauf nehme) des Abklebens nicht.

Wie haltet ihr dass und wo seht ihr die Vorteile oder Nachteile des Abkebens?

Hoffe das Thema ist interessant für euch und auf eine rege Beteiligung.

Beste Grüße
Hellas

kimeter

Ich habe bei "nur bei bestimmten Messern" abgestimmt. Je nach Zustand der Facette und des Messerrückens klebe ich den Rücken ab oder eben nicht. Leicht wellige Messerrücken werden "begradigt" ohne abkleben, danach wird weiter geschärft mit abgeklebten Rücken um Material zu schonen. Dabei beachte ich den Schärfwinkel... Auf dem letzten feinen Naturstein klebe ich oft noch mal mit einer zusätzlichen Lage ab um eine ganz feine ("zweiter Winkel"...) auspolierte Schneide zu erhalten. Nicht immer, wie gesagt je nach Zustand der Facette, Material, Winkel, Messerrücken usw.

-Andreas


Standlinie

Auf die gestellte Frage nach der Abklebung des Rasiermesserrückens beim Steinabzug antworte ich kurz und schmerzlos: Ich klebe immer ab.

Als ich das Abziehen eines Rasiermessers kennenlernen wollte, habe ich mir das von jemandem zeigen lassen, der das über viele Jahre meisterhaft beherrschte. Dieser Jemand war früher ein Mitglied in diesem Forum und als Dagobert bekannt. Das ist aber schon lange her. Dieser Dagobert verwendete für den Steinabzug zwei Lagen Tape (Isolierband aus dem Elektrofachhandel mit glatter Oberseite, einmal weiß und einmal schwarz), mit denen er das Rasiermesser abgeklebte. Er erklärte mir auf meine Frage, warum denn zwei Lagen nötig wären, dass er die zweite und obere Lage nur dazu verwenden würde, um während des Steinabzuges besser erkennen zu können, ob die obere Lage an einigen Stellen schon leicht durchgescheuert wäre. In Abhängigkeit vom Andruck des Rasiermessers auf den Steinen und von der zeitlichen Länge, den dieses Messer auf einem bestimmten Stein zubringt, entstehen unweigerlich Stellen, die irgendwann durchgescheuert werden. Um aber eine einwandfreie Facette erzeugen zu können, muss der Winkel, unter dem das Messer auf dem Stein abgezogen wird, immer konstant eingehalten werden. Die zweite Lage Tape wäre hier sehr hilfreich. Das war seine Philosophie. Dieser Winkel wird auch als Schärf- oder Klingenwinkel bezeichnet und liegt bei den meisten Rasiermessern zwischen 17o und 19o.

Ich verwendete anfangs dann auch immer zwei Lagen Tape und meine Rasiermesser wurden mit der Zeit auch rasurscharf. Mit zunehmenden Übungen wird man zunehmend besser und lernt aus seinen Fehlern.
In Abhängigkeit vom jeweiligen Rasiermesser habe ich auch schon einmal drei oder mehr Lagen Tape verwendet. Bei derben Messern immer zwei Lagen, bisweilen aber auch schon einmal drei Lagen. Für den Abzug des so genannten Peter-Paris-Rasiermesser kam ich um vier Lagen Tape beim Rasiermesserabzug gar nicht herum, um darüber einen verwendbaren Schärf- oder Klingenwinkel zu erzeugen. Den Grund dafür habe ich in einem eigenständigen Bericht niedergeschrieben (https://www.gut-rasiert.de/forum/index.php/topic,25650.15.html). Daraus möchte ich kurz zitieren:
...
Als nächster Schritt wurde der Rasiermesserrücken mit vier Lagen Tape abgeklebt, wodurch sich der Klingenrücken von ursprünglich 4,60 mm auf 5,55 mm verbreiterte. Danach erfolgten verschiedene Abziehvorgänge auf meinen Steinen. Ich führe die verwendeten Steine der Vollständigkeit halber in der Reihenfolge ihres Einsatzes auf:
     => 400er No Name (Facettenentfernung),
     => 800er Naniwa,
     => 1000er Naniwa,
     => 3000er Naniwa,
     => GBB,
     => 8000er Naniwa,
Bei jedem Steinwechsel und teilweise auch während des Abziehens wurde die oberste Lage Tape ersetzt, um so einen gleichmäßigen Schärfwinkel erzeugen zu können. Während der verschiedenen Abziehvorgänge wurde der Erfolg der Arbeit mit einer Lupe überprüft.
...

Zur Zeit klebe ich meine Messer nur noch mit einer Lage Tape ab und komme damit auch zu sehr guten Ergebnissen. Bei jedem Steinwechsel wird das Tape ohnehin mitgewechselt. Möglicherweise könnte ich vielleicht sogar auf diese eine Lage Tape verzichten, aber gedanklich stört es mich irgendwie, beim Steinabzug neben der Facette auch noch den Rand des Rasiermesserrückens abzuziehen. Denn in Abhängigkeit vom jeweiligen Andruck der Messerklinge auf dem Stein wird die Rückenflanke durch den Abzugsvorgang mitbelastet und zumindest im Mikrobereich mit angeschliffen. Das möchte ich vermeiden.

Ob man ein Rasiermesser tatsächlich abkleben sollte oder muss, ist eine Philosophie für sich. Denn viele Generationen vor uns gab es überhaupt kein Tape und diese Rasiermesser wurden auch ohne diese Kunststofflage auf die erwünschte Rasurschärfe gebracht. Es ist wohl alles nur eine Frage der richtigen Übung. Und da werde ich wohl noch viel experimentieren müssen.   

Die Nachhaltigkeit einer gründlichen Nassrasur zeigt sich 24 Stunden später an nur gering und gleichmäßig nachgewachsenen Bartstoppeln.

wernerscc

Ich klebe immer ab.
Plangeschliffene Rücken, und mögen sie noch so hochglänzen, sind mir ein Graus. Auf dem Endstein wird zum Schluß doppelt abgeklebt, des sogenannten zweiten Winkels wegen. Dafür spare ich den Pastenriemen ein.
Was lange währt wird endlich gut!

Rockabillyhelge

Die Frage ob und wieviel ich abklebe beginnt bei mir mit der Bestandsaufnahme der zu schärfenden Klinge.
Habe ich ein NOS Stück oder eine hohle Klinge mit noch deutlich kantigen, unverschliffenen Rücken und intakter Facette
die lediglich einen Touch-up anstatt eines richtigen Neuaufbaues bedarf klebe ich nicht ab.
In allen anderen Fällen klebe ich im Regelfall einmal ab, im Fall starker Rückenabnutzung oder der Notwendigkeit einer schmalen
Facette klebe ich zwei- oder mehrmals ab (siehe Standlinies Verweis aufs Peter Paris Messer).

Ich messe keine Winkel sondern begnüge mich damit immer so weit wie möglich am Original Rückenbreiten-Klingenbreiten Verhältnis
zu bleiben um an den Ursprunsgcharakter des Messer heran zu kommen, dieses Vorgehen ist wie sicherlich jeder der selbst schärft
verstehen kann stets ein Kompromiss.
Einen Standardmäßigen 2. Winkel benutze ich nicht und halte ihn auch nicht für notwendig, mit erschließt sich nach längerem Austesten
ebenjener Methode auch nicht warum das Messer dadurch sanfter werden soll, weder technisch noch gefühlt auf der Haut.
Ebenso halte ich relativ wenig vom partiellen Abkleben von Klingen um entweder dünne Facetten oder einen gleichmäßigen Winkel hinzubekommen,
bei verbogenen Klingen mache ich hier auch mal eine Ausnahme aber zielführend ist und bleibt für mich das Angleichen an den potentiellen
Ursprungszustand der Klinge.

Aber, "Zwei Herzen schlag, Ach! In meiner Brust" die Mischung aus historischem Anspruch und dem Anspruch an Ästhetik und Rasurverhalten bilden ein psychisches Spannungsfeld das mir in der Regel bedeutend mehr Probleme bereitet als die Technik des Schleifens (pragmatisch gesehen ist es ja nichts anderes als der Herrichten einer möglichst scharfen Kante an einem Stück Stahl).
Das Abkleben als solches ist ein Eingriff in die originäre Technik des Messers an sich, historisch begnüge ich mir in der Regel mit dem Kompromiss das die Messer meiner Sammlung anders als es vor 100 Jahren gewesen wäre, wohl kaum nutzungsbedingt dahinschmelzen werden.

Last but not Least was ich technisch als überaus wichtig erfahren habe, regelmäßiges neu abkleben und niemals mit Tape geizig sein, ich benutze immer nur eine Sorte von Tape, auf welche ich mich inzwischen eingeschossen habe und weis wie es in etwa bei welchem Druck auf dem Stein reagiert und wechsel besser zu oft als zu selten um einen ungleichmäßigen Schliff weitestgehend zu vermeiden.
Auch mit Bart immer gut rasiert :)

efsk

Ich klebe immer ab. Auser die Facette mag ich einfach keine, oder mindest so wenig möglich, Schleifspuren.
Verzeih mir mein Deutsch. Ich bin ein Holländer.
lG - Richard

Grosser

Zitat von: efsk am 16. Dezember 2014, 10:54:38
Ich klebe immer ab. Auser die Facette mag ich einfach keine, oder mindest so wenig möglich, Schleifspuren.
Da bin ich ganz bei dir!
Auch wenn es teilweise echt nervig ist, dauernd das Klebeband zu erneuern.  ;D
Viele Grüße, Christoph

Stratocaster

Ich habe mein Kreuz unter "nur bei bestimmten Messern" gesetzt. Habe aber als Anfänger noch gar nicht die Ahnung bzw. nur angelesenes Wissen. So klebe ich ab, wenn ich den Rücken z.B. wegen einer Vergoldung nicht beschädigen will oder wenn ich einen Sekundärwinkel haben möchte. Und ich habe auch noch nicht das optimale Klebeband gefunden.

Koraat

Ich klebe grundsätzlich immer ab. Das hat aber bei mir weniger mit Überzeugung zu tun, als damit, dass ich keinem Kunden ein Messer verkaufen will, welches schon am Rücken ersten Verschleiß aufweist  ;)

Da ich hier aber immer vom ständigen Klebeband Wechsel lese: Mein Tipp wäre einmal das Tesa "Powertape" (transparent) zu probieren. Ich nutze davon immer nur eine Lage, vom Setzen einer komplett neuen Facette auf einem groben DMT bis hin zum Finish mit dem 10000er und habe noch nie auch nur nennenswerte Kratzer am Tape feststellen können.

mfg
Ulrik

ron

Nachdem ich bei dem selben Dagobert gelernt habe RM zu schärfen wie Standlinie, hab ich anfangs auch immer zwei Lagen abgeklebt.
Mit der eigenen Erfahrung, kam dann auch die eigene Praxis bei der ich zur Zeit immer einlagig abklebe. Grund dafür ist bei jüngeren RM meist eben der mit der Zeit entstehende, häßlich, verschliffene Messerrücken den man von älteren verschliffenen RM kennt. Eine wirkliche Notwendigkeit besteht imho bei diesen jüngeren hohlen Messern eigentlich nicht wirklich.
Vor allem bei alten derben RM klebe ich oft partiell ab, um die Facette einigermaßen ansehnlich zu gestalten.
Das Tape wird zu jedem Stein gewechselt und fällt so nicht wirklich negativ auf.
Auf die Menschen die sich an Grenzen stoßen, die sich zum Schmuggeln eignen und die das Zeug zum Eroberer in sich spüren.

BastlWastl

Nur bei bestimmten Messern, sei es weil sie in irgend einer Art beschichtet sind (DLC) oder bei wirklich schönen Zierrücken, oder derjenige dem ich das Messer schärfe besteht darauf. Natürlich muss ich auch mein Wacker Handgeschmiedet 8/8tel abkleben, da ich sonst bei einem Winkel unter 14 Grad landen würde den der Stahl einfach nicht "steht".

Aber Generell kommt mir kein Tape auf den Stein, gerade bei alten Messern, die ich meist benütze ist mir der Sinn des Abklebens nicht wirklich gewahr.

Auch geht das Gefühl das mir der Stein vermittelt verloren, und wenn man bedenkt dass ich mit meiner moderaten Sammlung an Rasiermessern, so ca. 40 Stck. bestimmt die nächsten 10 Jahre nicht mehr schärfen müsste, hält sich ja auch die Abnutzung des Rückens ziemlich in Grenzen.

Also klares Nein ich Tape nicht, nur halt bei bestimmten Ausnahmen.

Grüße Wastl.

gilgen

Hallo!
Ich habe meine 2 ersten Messer ,die ich selbst geschärft habe nicht abgeklebt.
Die Honeware war danach so gr0ß,dass es sehr komisch aussah.
Die Messer rasieren zwar immer noch gut,aber es ist halt kein Anblick.
Clemens

Tim Buktu

Ich habe einige Jahre lang alle Messer beim Schärfen abgeklebt. Mich nervt die Abkleberei aber ungemein, weshalb ich mir vorgenommen habe, das in Zukunft nur noch in besondes begründeten Fällen zu tun. Oben wurden ja schon mehrere Fälle genannt in denen das sinnvoll sein kann. Da aber meine Messer ohne Abkleben in der Regel auch immer sanft rasierten, will ich das so lange unterlassen, bis ich mich , womöglich aus guten Gründen, wieder dafür entscheide. ;)
Tranquilo - In der Ruhe liegt die Kraft...

PS: Alles nur meine persönliche Meinung, die sich durchaus beeinflussen lässt und sich deshalb gelegentlich auch ändert!

Dook

Als Anfänger klebe ich generell ab. Muss das Messer nicht zusätzlich quälen... Ändert sich vielleicht eines Tages.

Stefan T.

Ganz deiner Meinung Dook. Man muss seine Messer ja nicht mit Anfängerfehlern verunstalten. Auch bei mir der Grund weshalb ich vorerst jedes Messer abklebe. Wenn ich einmal sicher im Sattel bzw  vor dem Stein sitze werde ich es sicher zumindest ohne Tape versuchen.
Bis dahin freue ich mich auf jeden Fall über Koraat's Tip mit dem Powertape von Tesa. Das muss ich mir gleich mal besorgen.  :)
"Jeder tut was er am besten kann. Ich mache nichts"