Messer Instandsetzung

Begonnen von Senser, 24. September 2007, 19:32:50

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Senser

Ich würde in diese Rubrik gerne die gesamte Schärfproblematik sowie das Beseitigen kleiner Schäden unterbringen. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass nicht jeder Messerbenutzer ein Messer schärfen können muß. Die Instandhaltung (anderer Thread) ist zunächst mal völlig ausreichend.
Will man jedoch ein Messer auch schärfen, dann kann ich versichern, dass man damit einen langen Weg einschlägt, der über den Erwerb sehr vieler Rasiermesser, Steine, Tinkturen, Kieselerden, und diverser Ingredenzien, den Unmut seiner Familie, weil man diese mehr und mehr vernachlässigt, führt. Es soll schon Fälle von akuter Dehydrierung gegeben haben, bei denen man einen besessenen Messerschärfer nach Tagen völlig verschrumpelt, mit dem Messer in der Hand an ebenfalls völlig ausgetrockneten Schärfsteinen gefunden hat.
Gruß Senser

Paysbas

Zitat von: Senser am 24. September 2007, 19:32:50
Will man jedoch ein Messer auch schärfen, dann kann ich versichern, dass man damit einen langen Weg einschlägt, der über den Erwerb sehr vieler Rasiermesser, Steine, Tinkturen, Kieselerden, und diverser Ingredenzien, den Unmut seiner Familie, weil man diese mehr und mehr vernachlässigt, führt. Es soll schon Fälle von akuter Dehydrierung gegeben haben, bei denen man einen besessenen Messerschärfer nach Tagen völlig verschrumpelt, mit dem Messer in der Hand an ebenfalls völlig ausgetrockneten Schärfsteinen gefunden hat.

Hallo Senser,

das mit den vielen "Ingredienzen" kann ich nur bestätigen, bin gerade auf dem Versuchsweg. Dabei war dein Tipp mit Balsaholz für mich Gold wert.
Die Unmut der Familie (Frau und Katzen) kann schon mal passieren. Und dehydriert, also da sollte mal über die Versorgung des Leistungserbringers geredet werden.
Herzliche Grüße aus Oberschwaben, 
Paysbas

Senser

Hier mal ein Beispiel für eine Messerinstandsetzung. Es ist eigentlich der Regelfall, dass man irgendwoher ein Rasiermesser bekommt. Sei es vom Flohmarkt, vom Opa geerbt, der berühmte Dachbodenfund oder wie meistens, aus der E-Bucht. Fast immer sind diese Messer in mehr oder weniger erbarmungswürdigem Zustand und entsprechender Aufwand ist zu betreiben, um die  Teile wieder instand zu setzen.
Im Gegensatz zur Restauration lege ich hier ausschließlich Wert auf die Funktion. Originalität ist eher zweitrangig. Ich kaufe daher auch kaum noch "junge" Messer, denn ich habe bereits ausreichend gut funktionierende Rasiermesser. Aber wenn ich irgendwo eine Miezekatze sehe, ein Henkel, Dorko , Bengall und andere  Schrottmarken, dann sag ich mir: Nein, du hast genug Messer und im nächsten unbeobachteten Moment drücke ich dann doch wieder auf den Bietknopf.
Na ja, meistens geht das gut, manchmal bin ich froh, dass es nicht geklappt hat, weil jemand anderes noch kranker ist und manchmal geht`s halt auch in die Hose. So wie neulich. Ein Puma!!! Wie fast immer ein mieses Foto, auf dem auch etwas Rost zu sehen ist und in der äußerst sparsamen Beschreibung steht: Quelque rouille a netoyer, was ich dann wohlwollend und wider besseren Wissens als "etwas abwaschbaren Flugrost" übersetze.
Ich krieg das Teil sogar für 13.-€ . Mensch bin ich ein Glückspilz. Der erste Dämpfer kommt dann aber schon bei den Frachtkosten. Der Verkäufer ist fest davon überzeugt, dass er den teuersten Tarif nehmen muß und schon sind weitere 16 € fällig, was das Schnäppchen nun schon etwas relativiert. :(
Der zweite Dämpfer kommt dann in Form des Messers selbst. Seht selbst:
http://www.bilderhosting.info/pics/image68081.JPG
http://www.bilderhosting.info/pics/image68083.JPG
Verd... Sch... Das Ding will ich nicht. Aus dem Alter bin doch raus. Mist!!! Aber zu spät. Ich hätte es doch wissen müssen. >:(
Erst mal lege ich es beiseite um auf einen langen Winterabend zu warten. Manchmal gibt es ja auch für die Dose schon 10 € und das Heft ist ja auch nicht schlecht.
Tage später sucht aber im Mitgliederhandel (dem Anderen) jemand ein gutes Einsteiger Puma und ich wittere Hoffnung. Kurzer Mailkontakt, der Betreffende ist interressiert und möchte das Messer auch selbst aufarbeiten. Hört sich gut an, allerdings sage ich Ihm, dass ich erst schauen muß, ob das Ding nicht in die Tonne gehört. Denn wenn die Rostlöcher tiefer sind, als die halbe Materialstärke, hat das Ganze keinen Zweck. Man kriegt die Scharten einfach nicht weg. Hat man eine beseitigt, ist die nächste schon wieder freigelegt >:(
Also entferne ich zunächst mal den Rost. Wie zu erwarten, ging dabei die Klingenätzung drauf, jedenfalls die linke Hälfte und weil das dumm aussieht hab ich die Rechte dann gleich mit weg poliert. Die Raute in der Mitte hab ich erst mal übrig gelassen. Dann habe ich den Rücken abgeklebt und die Klinge über den 1000er Cerax von MST geschoben, um die oben beschriebene Tauglichkeit zu überprüfen. Wenigstens war das Ergebnis positiv, allerdings hat der Interessent dann doch abgewunken. Also hebe ich das Kätzchen erst mal wieder beiseite gelegt und mich einer anderen Miezekatze gewidmet, die auch schon länger um Instandsetzung bettelte. Das war die hier:
http://www.bilderhosting.info/pics/image68099.JPG
Die Klinge war in vergleichsweise hervorragendem Zustand. Ebenfalls ein 5/8 ". Extrem hohl geschliffen, aber leider fehlte auf einer Seite des Heftes der Zierrat am unteren Ende und es lag schon deshalb so lange rum, weil mir diese Hefte sowieso nicht gefallen. Egal, ich brauchte ein Erfolgserlebnis und begann, das Messer aufzuarbeiten. Erst mal die Prägung von dem Zierat am Ende wegschleifen, dann das Heft reinigen und polieren. Nun die Klinge reinigen und etwas polieren und schließlich schärfen. Geht alles wie an Schnürchen. Bis zum Ledern.
Da bricht das Heft am oberen Niet  >:( >:( >:( >:(
Feierabend! Flasche Bier.... und später noch eine.
Vorgestern habe ich dann erst mal von dem "High-Class" das Heft entfernt und an das "Peau sensible" montiert. Das kaputte Heft habe ich dann mit Epoxy geklebt, was man auch kaum sieht, weil der Bruch sich ja unter dem Zierblech befindet und gestern habe ich dann das "High- Class" nach endgültiger Polierarbeit und ausgiebigem Schärfen mit diesem Heft versehen, anschließend gepastet und geledert ( Das Heft ist stabil geklebt) und natürlich auch ausprobiert. Mit dem Ergebnis, dass ich das "Peau Sensible" nochmal behandeln muß. Ich weiß zwar noch nicht wie, aber das High-Class ist rasiertechnisch eines der besten Messer, das je über meine Haut gefahren ist, was ich von dem andern Kätzchen so nicht behaupten kann.
Ich habe das "High-Class" jetzt in den Mitgliederhandel gestellt.
http://www.bilderhosting.info/pics/image68103.JPG
Die Beschreibung zu diesem Messer steht nur deshalb hier, damit hier endlich mal ein Beitrag zur Instandsetzung steht und nicht, um den Verkauf eines Messers zu beweihräuchern. Bzw. das Messer steht nur deshalb im Mitgliederhandel, damit da endlich mal etwas zu verkaufen steht
Gruß Senser 

Buddel

Hier möchte ich mal ausführlicher den Werdegang eines Messers bei mir darstellen. Einfach um die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu der sehr interessanten Geschichte von Senser zu dokumentieren.
Bei dem Messer handelt es sich um ein Tückmar, das für ca. 30 € seinen weg aus der Bucht in meinen Hafen genommen hat. Hier sieht man den damaligen Zustand

Das an sich sehr schöne Messer hat doch etwas gelitten. Am problematischsten stellten sich die Rostnarben auf den Klingengravur dar, die leider viel tiefer waren, als gehofft.
Auch an Erl und Angel hatte sich der Rost schon ordentlich unter die Vergoldung gefressen. Von bloßen Verschmutzungen konnte man da nicht mehr reden. Das Plastikheft ist eine optische und haptische Beleidigung  ;)
Beim Versuch die Rostnarben auf der Klinge zu beseitigen merkte ich schnell, dass ich die Gravur dabei leider nicht würde erhalten können. Nur massives Schleifen hat hier etwas Linderung gebracht. Die Narben waren aber leider nicht vollkommen zu egalisieren. Zum Glück befinden sich alle weit weg von der Schneide und stellen daher funktionell kein Problem dar. Bei der Vergoldung des Rücken und Erl stellte sich ebenfalls schnell die Frage, Gold und Rost erhalten oder sich von beiden trennen. Meine Entscheidung seht ihr hier:

Ich hab Gravur und Vergoldung konsequent entfernt. Dafür hab ich dem Messer ein Heft aus Perlholz spendiert, dass von der Form diesmal bewusst schlicht gehalten wurde. Durch die außergewöhnliche Masserung des Holzes und den Blumenornamentrücken wollte ich nicht noch mehr Überfrachtung schaffen.

wegen Zeichenbegrenzung siehe nächster Post
Mit dem Messer, rasiert sichs besser.

Buddel

Vortsetzung

Da der Klingenrücken sehr breit ist, hab ich mich entschlossen einen dreiteiligen Keil zu verwenden. Dieser besteht aus zwei dünnen Lagen Messing, die eine dickere Lage Neusilber flankieren. Auf dem einen Bild kann man das in etwa erkennen. Der Aufwand hierfür ist deutlich höher, als nur einen Messingkeil zu verwenden. Vor allem das Neusilber ist viel härter und schwerer zu schleifen und durch die Dreiteilung ist auch die einheitliche Formgebung knifflig. All zu oft wird es sowas also von mir nicht geben.
So nun könnt ihr mich steinigen, dass ich das ganze Gold vernichtet habe  O0
Mit dem Messer, rasiert sichs besser.

Senser

Hallo Buddel
Ich denke, dass du konsequent gehandelt hast. Entweder man setzt dieses Messer instand und trennt sich von allem, was sowieso nicht mehr zu retten ist, und für die Funktion sowieso keine Rolle spielt, oder man konserviert es wie es ist. Dann allerdings kann man es auch nicht benutzen.
Schön, dass du hier mal die klassische Heftform gewählt hast.  Dieses Holz kenne ich als Furnier. Da nennt man es "Silky Oak". Ich wüßte mal gerne, wie es tatsächlich heißt.
Gruß Senser

matjes

In meinen Augen hat durch die Entfernung des Goldes das Messer sogar noch gewonnen. Sieht toll aus, das Heft paßt wunderbar dazu. Ein richtiges Schmuckstück.
Um es richtig zu verstehn: sind die entfernten, aber doch noch sichtbaren Rostflecken jetzt Patina oder Pitting? Auf alle Fälle hätte ich kein Problem damit, das Ding auch zu benutzen. Sauber, wirklich Sauber.

Gruß
Matjes

Buddel

Danke, ich hatte noch ein paar mehr Bilder, aber die passten dann nicht mehr in den Thread. Wenn man die direkt einfügt, was ich als die angenehmste Art für den Betrachter empfinde, ist die 2000 Zeichengrenze sehr schnell erreicht.

@Senser:  LACEWOOD / LOURO FAIA  - PERLHOLZ

Ursprungsland:    Brasilien
     
Farbe:    Sehr dekoratives, mit der Zeit nachdunkelndes rötlich-orange-braunes Kernholz mit einer Vielzahl von dicht aneinander gereihten Augen, die an auf Ketten gereihte Perlen erinnern. Daher auch der Name Lacewood oder Perlholz. Der Splint ist hell.
     
Spezifisches Gewicht:    ca. 600 kg pro cbm
     
Verwendung:    Für Einlegearbeiten, Messerschalen – und besonders bei der Innenausstattung einer bekannten Automarke ist Lacewood der ,Stern' geworden.
     
Bearbeitbarkeit:    Das Holz  ist gut zu bearbeiten. Es ist relativ dicht und einheitlich gewachsen. Nach dem Polieren ist es mattglänzend.
Mit dem Messer, rasiert sichs besser.

Senser

#8
@ Buddel
Danke für die Auskunft. So sparsam angewendet wie in diesem Fall, gefällt mir das Holz sehr gut. In der Fläche, also beispielsweise als furniertes Möbel, ist es schon zuviel. Ist es in massiv auch so spröde wie als Furnier?
Senser

Buddel

Es geht noch, also man merkt schon den Ansatz zur Sprödigkeit, aber passiert ist dann doch nichts. Nicht gerissen, nichts geplatzt.
Alles in allem feiner Stoff  O0
Mit dem Messer, rasiert sichs besser.

urza

Zitat von: matjes am 05. Oktober 2007, 12:46:02
Um es richtig zu verstehn: sind die entfernten, aber doch noch sichtbaren Rostflecken jetzt Patina oder Pitting? Auf alle Fälle hätte ich kein Problem damit, das Ding auch zu benutzen. Sauber, wirklich Sauber.


Ich sehe keine Rostflecken. Aber wenn das Messer sauber ist mus es sich um Pitting handeln.

At Buddel: da es hier keiner macht, mache ich es. Schoenes Messer, ABER das alte war SABBER, das neu ist nur schoen ;). Ich steh auf Gold, und ich stehe auf Tuekmark, und du hast den Goldenen Tueckmark Schriftzug entfernt.
Naja das Heft passt gut zu dem Messer, auch wenn ich der Meinung bin das das Heft fuer sich alleine betrachtet nicht so schoen ist. Wegen dem Holz,  nicht wegen der Form. Mag es etwas dezenter ;).
Das mit dem dreiteiligen Keil hast du sehr gut gemacht, sieht aus wie gekauft. Sehr gleichmaessig.

Ich wuerde behaupten aus dem Stahl kann man noch etwas Funkel funkel raus holen. Wenn ihr versteht was ich meine, bissel feiner polieren, es erscheint mir noch ein klein wenig matt. Evtl aber nur wegen der aufnahme oder der spaeter Stunde.
,,Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, daß sie allgemeines Gesetz werde."

    – Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 421 [Reclam S. 68]

Buddel

Kein Problem urza,

sei dir versichert, ich hätte die Vergoldung und vor allem die Klingenätzung auch lieber erhalten, als sie runter zu schleifen. Leider hab ich keine Möglichkeit gesehen, sowohl den Rost zu entfernen, was ich aber für absolut notwendig erachte, und das Gold drauf zu lassen.
Wenn du dazu einen guten Vorschlag hast, nur zu. Mit dem Holz, ok, das ist immer Geschmackssache. Aber ich finde dieses auch deshalb interessant, weil es je nach Lichteinfall sein Aussehen verändert. Mal sieht man die Perlstrucktur so gut wie gar nicht, mal sehr deutlich. Außerdem haben das nun wirklich nicht mehr viele. Hab jedenfalls noch kein Rasiermesser damit gesehen.
Ich will da gar nicht um den heißen Brei herumreden, da ich die Messer verkaufen möchte, bau ich die auch so, dass ich möglichst einen guten Preis dafür erziehlen kann. Und ich denke, dass dies bei diesem Messer der Fall sein wird. Mit Gold wäre das sicher noch besser gewesen. Mit Rost aber sicher nicht.

Mit der Politur hast du Recht, dir Rückseite ist echter Spiegelglanz, die Vorderseite nicht ganz. Aber ich hatte dann nach über einer Stunde keine Lust mehr. Mit meinen bescheidenen Mitteln ist es doch recht schwierig eine vollkommen homogene spiegelnde Fläche hinzubekommen. Vielleicht schaff ich mir ja mal irgendwann einen Bolierbock an.

Buddel  O0
Mit dem Messer, rasiert sichs besser.

urza

#12
Wo verkaufst du das? E-Bucht oder mh?

Allgemeine anmerkung zur Messerinstandsetzung.
Was mich stoerte am alt. Forum, war der Spruch "in zeigt eure Messer, ist irgentwo ein Bild, aber keine ahnung wo".
Ich waere der Meinung das Jedes Messer einen eigenen Thread bekommt. Der Titel sei bei deutschen Herstellern Name und Messernummer, bei Auslaendischen (MmM (Messer mit migirungshintergrund)) Eine moeglischt Konkrete Benennung des Messers.
,,Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, daß sie allgemeines Gesetz werde."

    – Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 421 [Reclam S. 68]

Senser

Und wieder mal wäre ich an einer Übersetzung interessiert.
Gruß Senser

Buddel

Ich glaube urza meint, dass man für jedes Messer einen eigenen Thread aufmachen sollte. Dann findet man einzelne Messer schneller. Halte die Idee für sinnvoll.

Das Messer wird irgendwann in der Bucht schwimmen. Mh ist nicht so mein Ding. Da muss ich ja festlegen, was ich dafür haben will, während bei ebay der Markt den Preis macht.
Mit dem Messer, rasiert sichs besser.