Rasiermesser aus pulvermetallurgischem Stahl - gibt es das?

Begonnen von Tim Buktu, 04. August 2008, 17:46:26

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Senser

Was wir als "Widia" bezeichnen, hat nichts mit der alten Bezeichnung "Diamantstahl" zu tun, welches ja vermutlich nur eine werbewirksame Wortschöpfung war.
Ich meine beispielsweise die Zähne unserer Kreissägeblätter oder die Einweg Schneidplatten von Fräswerkzeugen, die es je nach Anwendungszweck in verschiedenen Qualitäten gibt. Hier gilt, je feiner die Körnung, desto schärfer und leider nur kurze Standzeiten.
Niemals kommt die Schärfe aber an ein Werkzeug aus klassischem HSS Stahl heran, desen Standzeiten aber im Vergleich lausig sind, weshalb es in unserer Branche eigentlich keine HSS Werzeuge mehr gibt.
Widia Stahl ist auch viel zu spröde was ihn als Klingenstahl  ebenfalls ungeeignet erscheinen lässt.
Gruß Senser

harrykoeln

Ich bin mir recht sicher, das Widia überhaupt kein Stahl, sondern ein gesinterter Carbid-Werkstoff ist. Diese Widia-Werkzeuge waren(sind) dann lediglich als (so nannten wir die damals) Widia-Plättchen an der Werkzeugspitze aufgebracht. Ich meine, das es Wolframcarbid ist und eher als Keramikwerkstoff zu bezeichnen ist der eine enorme Härte hat.
"The two most common things in the universe are hydrogen and stupidity.
There is more stupidity around than hydrogen, and it has a longer shelf life."
Frank Zappa (1940-1993)

UbuRoy

Stimmt ja alles, was Ihr schreibt, doch wieso soll man ein Wedge Messer nicht aus HSS oder mit sehr hohem Kohlenstoffgehalt jenseits von 1,5% Herstellen können?
Eine dünne vollhohle Klinge sicherlich nicht, aber ein Meatchopper müsste absolut grandios damit werden. Könnte mir da sogar ein Keramikmesser vorstellen oder ein ultrahartes Wedge mit Weicheisenkern (zum fechten :) Damit dürften allerdings 99,x Prozent aller Schmiede überfordert sein...

Was niedrige Standzeiten angeht: ein ultraharter (oder beschichteter) HSS Bohrer oder Drehmeissel, Sägeblatt oder Fräser hat hauptsächlich dann so kurze Standzeiten, wenn SEHR harte Stähle, Stahlbeton oder Werkzeugstahl damit bearbeitet oder getrennt werden oder eklig zähe V(2/4)A Stähle o.ä. Oder aber wenn die Schmierung/Kühlung nicht stimmt...) Selbst mit dem zähesten und härtesten Barthaar dürfte ein daraus gefertigtes Rasiermesser nahezu unbegrenzt lange absolut leichtes Spiel haben und eine sehr sehr hohe Standzeit erreichen.
Runterfallen oder trockenklopfen sollte man es allerdings nicht...
Es würde natürlich eventuell rosten wie die wilde Wutz... und auch sonst recht empfindlich sein und schärfen (bzw. einen Grat errichten)  wenn es denn doch irgendwann mal nötig sein sollte, lässt es sich definitiv nur mit einem Heidenaufwand...

harrykoeln

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Frank Zappa (1940-1993)

UbuRoy

Zitat von: harrykoeln am 06. August 2008, 08:53:15
Puhhh gottseidank

Will Dich ja nicht überfordern. Weiss ja, wie leicht das möglich ist...

Tim Buktu

Habe in einem Buch über Messer nachgelesen (Auflage von 2003). Dort wird erklärt:

- pulvermetallurgisch hergestellte Messerstähle sind verschleißfester, da kleinste fein verteilte Karbide ins Metall eingelagert sind
- die Herstellungstechnik dieseer Messerstähle darf nicht mit Sintern im herkömmlichen Sinn verwechselt werden, Sintermetall ist für Klingen nicht geeignet da zu porös
- pulverm. Stahl wird durch "heißisostatisches Pressen" hergestellt (feinstes Stahlpulver, z.B. 440C, wird vermischt mit Vanadiumkarbidpulver, dann  folgt Vakuumieren, Erhitzen bis knapp unter den Schmelzpunkt und Pressen unter hohem Druck)
- Die Karbidpartikel sind sehr fein und enorm homogen im Stahl verteilt
- pulverm. Stahl ist wohl eher zu vergleichen mit einem extrem gefalteten Damaszenerstahl als mit Sintermetall.
- da das Gemisch nicht zum Schmelzen gebracht wird, kommt es zu keiner Konglomeratbildung bei den Karbiden
- Stahlbezeichnungen: CPM 10 V, CPM.T.440V, Elmax, ASP23, Vanadis... HRc zwischen 60 und 65
- Widia-platten (Widia = Wie Diamant)  die aus Karbiden bestehen sind extrem hart und für Messer nicht geeignet, da zu hart
- Karbid wird gebildet, wenn sich Kohlenstoff mit Metallen verbindet (Eisen, Chrom, Vanadium, Titan, Wolfram)

War das hilfreich?  ???
Tranquilo - In der Ruhe liegt die Kraft...

PS: Alles nur meine persönliche Meinung, die sich durchaus beeinflussen lässt und sich deshalb gelegentlich auch ändert!

abc123

Leute, bitte wieder etwas Vernunft annehmen.
Weder die Fertigungstechnik noch die genannten Legierungen können je eine so feine Schneide ausbilden oder halten, wie sie für Rasiermesser oder -klingen erforderlich wäre.

Bitte hier nachlesen: http://de.wikipedia.org/wiki/Messerstahl

harrykoeln

Zitat von: UbuRoy am 06. August 2008, 10:54:39
...
Will Dich ja nicht überfordern. Weiss ja, wie leicht das möglich ist...

Ja klar UbuRoy!
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Frank Zappa (1940-1993)

Tim Buktu

Zitat von: abc123 am 06. August 2008, 23:44:31
Leute, bitte wieder etwas Vernunft annehmen.
Weder die Fertigungstechnik noch die genannten Legierungen können je eine so feine Schneide ausbilden oder halten, wie sie für Rasiermesser oder -klingen erforderlich wäre.

Bitte hier nachlesen: http://de.wikipedia.org/wiki/Messerstahl

Vielen Dank für den lehrreichen Hinweis!  ;)
Vernünftig werde ich deshalb aber noch lange nicht! ;D >D O0
Wenn hier alle vernünftig werden, bist Du alleine hier abc123!  :D :D
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PS: Alles nur meine persönliche Meinung, die sich durchaus beeinflussen lässt und sich deshalb gelegentlich auch ändert!

abc123

Zitat von: Tim Buktu am 07. August 2008, 20:18:04
Wenn hier alle vernünftig werden, bist Du alleine hier abc123!  :D :D

Nein, dann wäre ich auch nicht mehr hier.  ;)

Es gab vor einiger Zeit aber einen Systemkopf mit Keramikklingen als Prototyp, von japanischen Forschern entwickelt. Schärfe und Standzeit waren überragend, trotzdem wurde er nach nur wenigen Testrasuren wieder eingestampft. Sowohl die Klingen als ganzes, wie auch deren Schneiden waren so starr, daß die Rasuren immer höchst unangenehm und blutig waren. Einfach nicht brauchbar.

Bengall Reynolds

Zitat von: abc123 am 07. August 2008, 20:40:05
Zitat von: Tim Buktu am 07. August 2008, 20:18:04
Wenn hier alle vernünftig werden, bist Du alleine hier abc123!  :D :D

Nein, dann wäre ich auch nicht mehr hier.  ;)



Ich hab´s doch im Grunde meines Herzens gespürt!
Herr abc123 ist in Wirklichkeit ganz in Ordnung  ;D

Zurück zum Thema:
Warum sollte jemand mit wirtschaftlichem Interesse so etwas herstellen?
Schon die TI und Wacker Rasiermesser in Damast liegen bei den Händlern wie Blei in den Vitrinen.
On a long enough timeline, the survival rate for everyone drops to zero.

Bengall Reynolds

http://www.straightrazordesigns.com/

maestro livi
joe chandler
u. a.

benutzen tatsächlich einige neumodische Stähle für Ihre Messer.
Ob es sich dabei um pulvermetallurgische Stähle handelt, kann ich allerdings nicht sagen.
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Tim Buktu

Zitat von: Bengall Reynolds am 08. August 2008, 10:03:03
http://www.straightrazordesigns.com/

maestro livi
joe chandler
u. a.

benutzen tatsächlich einige neumodische Stähle für Ihre Messer.
Ob es sich dabei um pulvermetallurgische Stähle handelt, kann ich allerdings nicht sagen.

Hallo Bengall, sieht nicht so aus. Der ATS34 ist kein  pulvermetallurgischer Stahl.
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Piraten-Papa

Heute habe ich -durch Zufall- im Messermagazin 3/2009 ein Rasiermesser aus CPM 154 gesehen. Gemacht wurde es von einem gewissen Terry Knipschid. Das Hestellungsverfahren von PM-Stählen wird hier sehr gut erklärt.

Buddel

Hallo Piraten-Papa,

kannst du das vielleicht scannen und mir per pm schicken? Bin sehr daran interessiert. Wenn die Kosten im Vergleich nicht so fies hoch wären, hätte ich auch schon mal mit pulvermetallurgischem Stahl rumgemacht. Kommt ja vielleicht noch....
Mit dem Messer, rasiert sichs besser.