Rasiermesser wird schnell stumpf, zu weicher Stahl, wo liegt der Herstellungsfeh

Begonnen von bärtige Kärtnerin, 11. Juli 2022, 20:23:39

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bärtige Kärtnerin

Rasiermesser wird schnell stumpf, zu weicher Stahl, wo liegt der Herstellungsfehler?

Der müsste in der Wärmebehandlung liegen, die Frage ist, was wurde falsch gemacht.

Hier ein Überblick: https://www.youtube.com/watch?v=_b_nRYltQ-Y

Mir fällt ein:

* Zu kurz im Blei.

* Zu langsam in das Abschrecköl eingetaucht, bzw. Öl zu heiß.

* Kühlmittel beim Schleifen ausgefallen.

* Beim Tempern zu heiß geworden. Eher unwahrscheinlich.

* Falscher Stahl, sehr unwahrscheinlich.

Ich bin kein Messermacher und weiß nicht welche Schritte da die kritischsten sind, vielleicht kennt sich hier jemand mit Metallurgie und Messermachen aus und kann mich erleuchten.

Wie bin ich darauf gekommen? Habe günstige Rasiermesser von Amazon gekauft, steht "Best Brand" drauf. Die bekomme ich sehr scharf, aber nach ein paar Zügen lässt die Schärfe sofort nach, und am Ende der Rasur ist das Messer so stumpf dass ich nicht mehr rasieren kann. Mit einem alten Solinger im Vergleich kann ich über 2 Monate rasieren. Wenn ich die Schneide mit der Lupe anschaue, sieht die aus wie eine Gebirgskette, alles ausgebrochen. So etwas hatte ich auch mal mit einem alten Solinger Messer, da könnte also ein Fehler in der Produktion unterlaufen sein. Wie komme ich darauf dass der Stahl zu weich war? Ganz einfach, ich kann mit anderen Rasiermessern mit härterem Stahl den weichen Stahl abschaben und zwar bei scharfer Kante auf Kante. Auch ist mir aufgefallen, dass sich scheinbar bei weicherem Stahl beim  Schleifen gerne ein Grat aufbaut. Ich schließe daraus auch, dass desto härter der Stahl, desto länger die Standzeit.

Mit meiner Methode ist Rasiermesserschärfen kein Problem, dauert 5-10 Minuten von roh zu Rasierfertig und das Equipment hab ich für ein paar Euro bekommen. Besteht aus Diamantschleifplatten und alte Ledergürtel auf Holz geklebt mit Wachsgebundener Polierpaste bestrichen. Nur das Herausfinden wie man das Werkzeug zusammenstellt hat sehr lange gedauert, bis die ganze Erfahrung zusammen war. Nehme Diamantplattenkörnung 2500 und 1500 sowie 6 verschiedene Schleifpasten sowie blankleder. Leder kann sehr unterschiedlich sein, es kann gröber sein als die gröbste Schleifpaste, aber auch feiner  als die feinste Schleifpaste, da muss man durchprobieren. Und die Schneide wird nicht so gerade wie mit Schleifsteinen, d.h. man muss nicht aufpassen dass man gleichmäßig vorne und hinten abträgt. Schleifsteine halte ich für die schlechteste Art des Schärfens.

Rasiermessern sind für mich nicht mehr wegzudenken, rasieren geht besser als alles andre, egal ob trocken Hobel oder sonstwas. Kein Ziepen, kein Rasierbrand, keine stechenden Barthaare, kostengünstig.

Abziehriemen:

Unterster und Mittlerer sind für die Endschärfe, und der Oberste ist sehr grob, gröber als die gröbste Polierpaste. Das hat mich doch erstaunt und ich hab lange gebraucht das herauszufinden.

MikeB

Ich glaube eher das liegt an deinem schärfen oder/und ledern. Vielleicht schleifst du einen zu spitzen Winkel. Ein gute geschärftes Messer hält (kann durchaus) mehrere Monate die Schärfe (halten). Ist wie alles unterschiedlich, kommt darauf an wie oft man sich rasiert und wie hart die Barthaare sind. Natürlich spielen auch das Einweichen und die verwendete Seife eine Rolle.
Ich gehe mal von einer Standzeit von > 1 Jahr bei meiner Nutzung aus.

EasyRider

Zitat von: bärtige Kärtnerin am 11. Juli 2022, 20:23:39
Rasiermesser wird schnell stumpf... die Frage ist, was wurde falsch gemacht.

Der Schärfer hat zu viel Kärntner Kasnudeln gegessen... ;) ;D

Standlinie

Hallo bärtige Kärtnerin, herzlich Willkommen hier im Forum, wo Du beim Durchlesen vieler hier veröffentlichter Beiträge genügend Antworten auf all Deine Fragen erhalten wirst.

Hier mal etwas ganz Allgemeines zu Deinen Fragen. Es gibt gute Rasiermesser und es gibt Rasiermesser, die diesen Namen zwar tragen, aber den Erwartungen an eine Rasureignung nicht gerecht werden. Hier im Forum kommen die Rasiermesser "Best Brand" nicht gut an, da sie mehr oder weniger einfach nicht für die Rasur taugen. Das liegt einmal an der für diese Messer verwendete Stahlgüte und auch noch an der Verarbeitung. Es lohnt nicht, Zeit zu investieren, um sie rasurscharf zu machen. Meiner Meinung nach ist das ein Werfen von Perlen vor die Säue.
Wie Du selbst schon festgestellt hast, konnte Dich ein Solinger Rasiermesser überzeugen, denn es erfüllte Deine Erwartungen an ein gutes und rasurscharfes Rasiermesser, das diese Schärfe auch über längere Zeit beibehielt. Bei diesen Rasiermessern würde ich einfach bleiben. Du kannst den Abzug damit einüben, Fehlerquellen herausfinden und dann auch abstellen.
Wenn Du sehr neue preiswerte und auch noch gute Rasiermesser im Netz suchst, schau einmal nach den Rasiermessern der Marke "Gold-Dollar". Unser Forumsmitglied Alvaro hat diese Messer umfangreich getestet. Der Abzug auf den Steinen kann zwar zeitintensiv sein, aber wenn dieses Messer einmal scharf ist, hast Du viel Freude daran.
Du kannst Dir die Fertigkeiten für das Schärfen einer Rasiermesserklinge natürlich selber beibringen, dem Motto getreu, Versuch und Irrtum. Dieser Weg ist ziemlich steinig. Wenn Du hier im Forum nachliest, wie einige Schärfspezialisten ihre Rasiermesser bearbeiten, kannst Du von ihnen lernen und ersparst Dir so den ein oder anderen Fehler.
Die Nachhaltigkeit einer gründlichen Nassrasur zeigt sich 24 Stunden später an nur gering und gleichmäßig nachgewachsenen Bartstoppeln.

alvaro


bärtige Kärtnerin

#5
Guten Tag, also meine Schärftechnik ist super, ich kann ein Messer in 5-10 Minuten zuverlässig so scharf bekommen dass es schneidet wie ein Laser. Steine finde ich abolut überholt, das ist die Technik der letzten Jahrhunderte. Heutzutage gibt es Aluminiumoxid Keramik basierende Schleifpasten, ich nutze wachsgebundene. Ich hab seit 2 Jahren Rasiermesser und habe das Schärfen auf steinigem Weg selbst gelernt, und es hat sich gelohnt. Das war eine der besten Entscheidungen in meinem Leben, es gibt nichts Vergleichbares zu Rasiermessern.

Dann habe ich einen Gravurstift genommen und geschaut ob ich einritzen kann, oder aber ob er "greift" wenn ich über das Material ziehe. Ich habe festgestellt, dass bei dem "Best Brand" Schrott am Rücken sowie an der Schneide kein Unterschied besteht. Also ist kein Hitzeproblem beim Schleifen die Ursache, sondern entweder falscher Stahl oder unwahrscheinlicher die falsche Härtebehandlung. Auch singen GD und Solinger Messer wenn ich sie mit dem Fingernagel anzupfe, das "Best Brand" bleibt stumm.

Ich hab 3 "Best Brand" für untauglich befunden, Gold Dollar (GD66) scheint an die Qualität alter Solinger Messer heranzukommen und bietet wohl beste Preis Leistung. Mit einem alten Solinger konnte ich 2 Monate rasieren ohne abledern oder sonst irgendetwas, jetzt teste ich das Gleiche mal mit nem Golddollar und bin schon sehr gespannt. Es gibt von Titan noch T.H-70 Acro Messer mit hrc 70, das fände ich noch interessant auszuprobieren.

alvaro

Mich freut deine Erkenntnis, dass die "Best Brand" untauglich sind.
Wie Standlinie schon schrieb kommen diese Messer in den Foren nicht gut weg, was eine deutliche Untertreibung darstellt.

Mal eine Frage zu "schneidet wie ein Laser".
Wie definierst du Schärfe, bzw. wie prüfst du diese?
Wir sprechen in den Foren oft von "Referenzschärf", sprich wir empfehlen Neulingen sich ein Messer von einem "guten Schärfer" zu besorgen.
Hatest du da schon einmal eine Vergleichsmöglichkeit?

Auch einmal eine Frage zu "Steine sind letztes Jahrhundert", hast du einmal versucht eine Facette eines wirklich runtergekommenen Messers OHNE Steine neu zu setzen?
Wenn man viel abtragen muss kann man Paste da vergessen, dafür brauch man gröbere Kaliber, Steine sind da keineswegs "letztes Jahrhundert".

Hast du das GD auch einfach so OHNE Steine geschärft?
Ich habe 16 GD66 für Tests im Einsatz (die Tests kannst du hier irgendwo nachlesen) und ich kann mir beim besten Willen NICHT vorstellen, dass man in 5 - 10 min bei einem 66er nur mit Paste die Facette neu setzen kann.
Ich vermute, dass die Facette dann vom Winkel zu groß ist.
(Ich hatte bisher kein 66er bei dem der Winkel gestimmt hat)
Rasieren ja, Winkel nein.

Nach dem was ich lese bist du ja super zufrieden mit denen Schärfkünsten, ich vermute aber, dass da noch sehr viel Luft nach oben ist.
Ist dir z.B. bekannt, dass die Schärfe eines Rasiermessers bzw das Gefühl bei der Rasur welches es vermittelt sehr stark davon abhängig ist mit was das Messer gefinisht wurde?
Da veroasst man viel wenn man nur nach 08/15 schärft.
Nicht jedes Messer ist gleich, es gibt da RIESIGE Unterschiede, auch was das Finish angeht.
Ein Finish welches auf einem Messer sehr gut funktioniert kann auf einem anderen überhaupt nichts sein.

Thema "ledern", dir ist schon bekannt, dass man RM´s vor jeder Rasur ledert?
2 Monate ohne "abledern oder irgendwas", entschuldige aber dann rasierst du dich mit Dosenblech.


alvaro

Mal nebenbei: Das "singen" liegt am Schliff des Messers und sagt nicht viel darüber aus ob du es scharf bekommst.
Ein altes englisches Messer wirst du nie zum singen bekommen so derb wie die geschliffen sind

bärtige Kärtnerin

#8
Hi alvaro, ich hab immer als Vergleich den Rasierhobel mit neuer superscharfer Sicherheitsklinge genommen, die haben einen sehr sehr steilen Winkel und sind so scharf wie sie nur sein können, dass kann man nicht übertreffen. Als Referenz nehme ich meinen Bart, ich wasche mich, warte etwas, schlage Rasierschaum auf und lasse den auch nochmal einwirken, dann rasiere einmal gegen den Strich und das wars. Maximal scharf ist das Messer wenn ich in gerader Hobelbewegung auch durch die dicken Stoppeln mühelos ohne Zupfen oder sonstwas durchkomme.

Schärfen ist wirklich eine Kunst und ein Hobby, da kann man wirklich ne Art Meister werden :-) Wie man damit anfängt halte ich für egal, Hauptsache man tut es und kommt vorwärts und schafft es irgendwann mal auf diese ganzen andren miserablen Rasiermethoden verzichten zu können.

Doch Steine sind das letzte Jahrhundert. Ich nehme günstige Diamantplatten, die sind in etwa halb so groß wie ne Tafel Schokolade und bestehen aus Diamantstaub gebunden an einem dünnen Stück Stahlblech. Damit bekomme ich jedes Rasiermesser scharf, kann damit auch große Macken im nu wegschleifen. Wichtig hierbei ist, dass man den Grat damit in feinsäuberlichster Kunst abbekommt, z.B. durch Querziehen und viel Erfahrung. So dass man damit am besten gleich auf ein grobes !glattes! Leder (Bild Oben) gehen kann und dann sofort schon "rasieren" kann. Der Rest erledigen dann die Leder mit den Polierpasten und zum Schluss ein ausgewähltes Blankleder (Bild Mitte). Damit hab ich schon geschätzt mind. 50x Klingen neu aufgebaut und es geht immer leichter von der Hand.

Ich hab nicht auf die Uhr geschaut, und vielleicht sind die Zeitangaben auch etwas geschönt, aber die Diamantplatten schneiden den Stahl wirklich weg wie Butter, Steine funktionieren aber auch. Ich denke es könnte zeitlich doch gut hinkommen. Ist ja auch nicht so wichtig, ich hab sogar noch Spaß dabei und das ist ja auch nicht unwichtig.

Also ich denke es gibt nur ein wirklich "scharf" und das ist wenn man die maximale Schärfe erreicht hat die möglich ist. Ich denke ich hab die erreicht, und noch schärfer, sollte das überhaupt möglich sein würde auch kaum Sinn machen. Dann ist es ziemlich egal welches Messer man hat, nur wie lange es die Schärfe hält ist ausschlaggebend. Ich hab mal testweise den Klingenwinkel auf 11 Grad verkleinert in dem ich den Klingenrücken mit dem Schleifbock abgetragen habe. Die Messer funktionieren noch und zwar gut, sind nur etwas anfälliger gegen Stumpfwerden, wie zu erwarten, es war aber nur ein Experiment und ich würde es nicht nochmal machen.

Ich weiß, normalerweise hat man so einen Hängeriemen und den nutzt man jedes mal nach dem Rasieren. Aber das ist eine Krücke für Leute die nicht selbst in der Lage sind ihr  Messer scharf zu halten, die runden die Schneide immer mehr ballig ab bis es zu sehr reißt. Die 2 Monate hab ich auch ausgereizt, ich will testen wie viel maximal möglich ist, damit ich Golddollar gegen Solingen vergleichen kann. Einen Monat lang kann man aber gut damit und komfortabel rasieren, wie gesagt nicht wenn man es wie einen Hobel gerade bewegt sondern eine leichte Schneidbewegung ausführt.

Klang: Richtig, das Messer muss dünner sein, einen Klotz bringt man nicht  so leicht zum Singen. Aber es ist ein Indikator für die Stahlhärte. Ein Stück Eisenblech wird nicht klingen, zu weiches Material, aber wenn es aus gehärterem Stahl oder Keramik ist, oder sonst einem harten Material wird es klingen. Es gibt sogar zerstörungsfrei Methoden der Härteprüfung, da prellt eine Kugel auf das Material, das ist das selbe Prinzip. Mit etwas Erfahrung kann man Dank des Klanges viel über ein Material erfahren und aussagen.

alvaro

Dann haben wir ja jetzt endlich einen echten Experten in diesem Forum der sich richtig gut auskennt.
Freut mich.

harrahalmes

Mich auch. Die Schärfanleitung sollte hier am besten in rot auf der Startseite angepinnt werden.
Hab ich einen Durscht... Ich könnt a halbe Sau ess, so müd bin ich.

alvaro


perteges

Hobel mit superscharfer Sicherheitsklinge gegen ein gutes Rasiermesser?
Gewinnt bei mir immer das Messer! Und ich bin gewiss kein Schärfexperte wie viele andere hier.
Ich gehe immer noch ganz Oldschool nach Sensers Schärfanleitung vor und fahre gut damit. Bei mir nicht ganz ,,letztes Jahrhundert" aber fast....

Aber viele Wege führen nach Rom. Ein ex Moderatorkollege hat sogar mit Zahnpasta Messer rasurscharf bekommen...

Wobei ich hier zum Thema eigentlich nichts beitragen kann, ich habe keine schlechten Rasiermesser.
Warum auch....

alvaro


bärtige Kärtnerin

#14
Mit Kieselerde hab ich auch schon experimentiert, die ist aber nur etwas weniger grob als Elsterglanz und das nehm ich gerade mal für Gebrauchsmesser. Danach kommt dann das grobe glatte Leder, dann blanke Zeitung, dann Polierpasten, dann Babypuder, Autopolitur und gleich nach der dann das glatte Leder für die Endpolitur zur Rasurfertigkeit.

Ich nehm aber Diamantplatte, grobes glattes Leder, dann 5 Pasten (weniger wären auch möglich), Autopolitur, glattes glänzendes Leder, fertig.

Es soll ja auch schlechte Sicherheitsklingen geben, oder Montagsserien. Ich hab auf jeden Fall 1a Klingen erwischt, die halten auch ewig lange durch. Mit denen hab ich immer die dicken Bartstoppeln gemacht, die ich mit dem Messer nicht geschafft habe, bis ich das mit den Torsionshobeln entdeckt habe von deren Inspiration die Technik mit der Schneidbewegung herrührt, damit schaff ich auch mit stumpfem Messer dicke Bartstoppeln.

Tipps zum Schärfetest: Messer über die Armhaare führen, wenn es anfängt zu greifen ist man auf einem guten Weg. Dann länger Bartstoppeln einfach ansetzen und wegziehen, wenn sie ohne Zupfen abgehobelt werden könnte das Messer rasurfertig sein, aber das zeigt erst die Rasur.

Tipps zum Grat: Ein Arbeits / Baustellen Led Strahler direkt vorne über einem ist eine gute Lichtquelle, kleiner Punkt von dem das Licht ausgeht, dann hält man das Messer vor sich, die Schneide zu sich und schwenkt das Messer bis die Lichtquelle von der geschliffenen Klinge reflektiert wird, so kann man auch den feinsten Grat an der Schneide entdecken. Auch ohne Lupe.

Das schlimmste Rasurinstrument das ich kenne ist übrigens die Shavette, gleich nach Feuerzeug und Pinzette. Damit kann man sich leicht schneiden, hat nen Rasurbrand und spitze Stoppeln von der Sicherheitsklinge. Ich kenne keine sinnvolle Verwendung dafür.