Standzeit erhöhen - Ledern, Pasten oder wie?

Begonnen von alvaro, 16. Februar 2020, 11:38:02

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Paula

Zitat von: EasyRider am 25. März 2020, 13:30:14...frecherweise unterstelle, noch kein schon sehr erfahrener "Pasteur" zu sein...
Das ist ganz und garnicht frech, sondern eine ziemlich realistische Einschätzung.

Zitat von: EasyRider am 25. März 2020, 13:30:14...Appliziere die schwarze Paste auf einen Yak-Stoßriemen... Soll das Trägermaterial jedoch aus Textil bestehen,
Mit etwas Improvisation ist noch genug Yakleder für einen kurzen Stoßriemen da. Der schwarze Jeansriemen ist entstanden, weil ich mal im FdR nach der Kombination Textil u. Paste gefragt hatte und ich mit dem "reinen" Jeansriemen nichts anzufangen wusste.

Zitat von: alvaro am 25. März 2020, 13:50:56Aus unserer Perspektive verständlich da uns ja meist das Schärfen an sich reizt.
Das sehe ich genauso. Ginge es mir nur ums Rasieren, könnte mir ein Pastenriemen vollends genügen.
Der Pastengebrauch, zumindest in der Art und Weise, wie ich es praktiziere ist simpel und profan. Einfach Abziehen und fertig!

Um ein gleichwertiges Resultat mit einem Stein zu erreichen, brauche ich noch mehr Übung und evtl auch mehr Ehrgeiz. Aber die Herausforderung reizt natürlich, nur  nehme ich dafür einen anderen Rasierer und nicht den aus dem "Langzeittest" :D.

Paula

Zitat von: Paula am 17. Februar 2020, 19:55:15
Zitat von: alvaro am 17. Februar 2020, 16:15:39
....Ich stimme zu wenn man sagt "Der Titel ist irritierend".
Man sollte genauer von "der Zeit zwischen der Bearbeitung mit Steinen" sprechen....
Genau! Das was ich da treibe hatte ich im "Wochensetup" als "Rasieren bis der Stein kommt" bezeichnet.
https://www.gut-rasiert.de/forum/index.php/topic,27913.msg670798.html#msg670798
Es hat sich eher zufällig so entwickelt, weil ich mich mal auf ein RM beschränken wollte. Aus dem Einen ergibt sich dann das Andere. Wenn ich nun die Intervalle zwischen dem Pasteneinsatz verlängern kann, lerne ich auch noch was über die Standzeit, oder?

Ich habe fertig! Kein Bock mehr auf diesen Rasierer, was aber auch nicht heißt, daß er ganz am Ende ist. Hin- u. wieder wird er mit Sicherheit zum Einsatz kommen.

"Re: Standzeit erhöhen - Ledern, Pasten oder wie?" Weiß ich nicht! Aber nach wieviel Rasuren ich ein Messer im Schnitt pasten muß, um es auf einer für mich guten Schärfe zu halten, darauf habe ich eine Antwort parat.


Das Messer hatte ich am 15.Dez 2019 mit 1k, 6k, 8k geschärft.
Der Endabzug war auf einem 15k Waliser, 5x angerieben und 5x nur Wasser. (Das war nicht optimal und wie ich später durch Alvaros Gigantentest gelernt habe, bin ich sowieso kein Schiefertyp :o )

Danach habe ich nach Bedarf gepastet (Das ist eben meine Weise). Nach welchen Rasuren das war habe ich mal aufgelistet.

10.   - 25x rot auf Kalb Schraubspannriemen
15.   - 20x schwarz (Das "Trägermaterial" hatte ich mir nicht notiert)
30.   - 30x rot auf Kalb Schraubspannriemen
50.   - 25x schwarz auf Rind (wahrscheinlich taugt der Riemen nix!)
55.   - 15x grün auf Rind Schraubspannriemen
71.   - 30x schwarze Paste auf Jeans
97.   - 25x Eisenoxid (auf Yak???)
116. - 30x schwarze Paste auf Jeans
121. - 25x grün auf Rind + 25x schw. auf Jeans
131. - 30x Fe2O3 auf Yakstoßriemen


Die 132. Rasur war immer noch OK sodaß ich im Schnitt auf 14 Rasuren pro Pasteneinsatz kam und ganz grob über den Daumen gepeilt habe ich das Messer jeden zweiten Tag benutzt. Ich denke, ab der 55. bis zur 116. Rasur lief es ganz gut aber danach wurde das Messer durch Pasten nicht mehr ganz so sanft. Im Detail kann ich mich mehr erinnern, vielleicht steht meinen Wochensetup Beiträgen etwas leicht abweichendes. Eins ist klar, hätte ich nicht so viel mit verschiedenen Eigenbau-Riemen herumgespielt, wären vielleicht noch bessere Werte rausgekommen. Und noch Eins ist klar, hätte mir EasyRider nicht noch ein paar Tipps zum Ledern gegeben, wäre ich gar nicht erst so weit gekommen!

Seltsamerweise ist der HT aber bis jetzt noch fast so gut wie am Anfang. Da bestätigt sich mal wieder die Aussage, daß ein guter HT keine gute Rasur bedeutet. Umgekehrt glaube ich das schon. Das soll heißen, wenn das Messer einen HT nicht besteht, rasiert es mich auch nicht akzeptabel.

Grundsätzlich finde ich es eine sehr gute Idee, mal über einen längeren Zeitraum bei einem RM zu bleiben. Nicht mehr so ausgiebig aber doch so ähnlich werde ich es beibehalten und genauso werde ich den Gebrauch des Pastenriemens zum Auffrischen beibehalten.

MRetro

@Paula
Danke für die detaillierte Aufstellung.  :)  dh:
Auch interessant zu Lesen wie unterschiedlich erfolgreich die Riemenauffrischungen waren.

alvaro


EasyRider

Solche Berichte haben einen echten Mehrwert.  dh: dh: dh:

Barbon


Falko

#51
Hallo,

keine Ahnung ob's hier reinpasst, aber ich paste meine RM nicht bzw. noch nicht sondern benutze nur einen Hängeriemen& nach spätestens 15 Rasuren=15 Wochen schafft die Klinge den HHT nicht mehr& es wird an Problemstellen unsauber& unangenehm.

Jetzt die Frage ist es normal oder liegt es an den modernen nicht mehr geschmiedeten Rasiermesserklingen? War der Meinung die reine Standzeit nur mit dem ledern wäre 3 Mal höher!

Hier noch meine Routine: weicher bis mittlerer Bartwuchs nicht zu dicht, RM Dovo Bismarck 5/8 Normalstahl ca. 1/2 hohl Ende der 1990 im Laden gekauft, vor jeder Rasur geledert ca. 20 DZ, mit RS einseifen& ca. 3-5 min. Einwirkzeit, m-q-g Bartwuchs rasiert& nach der Rasur RM mit Wasser abgespült, Brillenputztuch geeinigt& min. 24 Stunden offen zum trocknen gelagert danach in der Schuber.

Gruß
Falko

alvaro

Ich denke es gibt keine pauschale Aussage zur Standzeit eines Messers.
Hier spielt nicht nur der "Nutzer" mit allen seinen Faktoren (z.B. Haarstärke, Handhabung) eine Rolle, sondern auch Faktoren wie Einweichwirkung der Seife, Härte des Stahls, Schliff des Messers (es gibt sicherlich noch mehr).
Abgesehen davon definiert sich die Standzeit nicht nach dem HHT.
Es gibt genug Messer die diesen nicht schaffen, aber vorzügliche Rasierer sind.
Es gibt auch genug Messer die nach der ersten Rasur den HHT nicht mehr schaffen, und ebenfalls vorzügliche Rasierer sind.
Ein Nachlassen der Anfangsschärfe ist normal.
Wenn du wirklich immer HHT haben willst empfehle ich dir einen Schraubspannriemen, eine Seite Natur eine Seite Paste.
Entweder die schwarze Paste, die ist aber wirklich recht fein, oder besser zum Auffrischen die rote Paste.
Nach jeder 10ten (oder eben 15ten) Rasur ein paar Züge über die Paste und alles müsste wieder stimmen.
Wenn du, so wie es aussieht, gut mit deinem Hängeriemen zurecht kommst kannst du den Schraubspannriemen auch rot/schwarz machen, das spart im Anschluss Züge auf reinem Leder, die sollten nämlich auf alle Fälle nach Paste immer folgen.

MRetro

Also ich finde, nach 15 Rasuren mal auf Paste auffrischen zu müssen, ist keine Katastrophe.  :)
Falls du dich noch nicht solange mit dem Messer rasieren solltest (vermute ich mal aufgrund des wöchentlichen Rhythmus), wird sich das auch noch sicherlich verbessern. Öfters Rasieren und damit mehr Routine bekommen, hat die Standzeit meiner Messer auch noch verbessert.

Paula

Meiner Meinung nach wäre es sogar ein sträflicher Fehler, sein Messer nicht regelmäßig aufzufrischen. Ob es nun nach 10, 20 oder 50 Rasuren ist, hängt von vielen Faktoren ab, wie die Vorredner schon geschrieben haben.
Man kann sich leicht vorstellen, wie durch regelmäßiges Rasieren und Ledern nach und nach, kleinste Beschädigungen an der Klinge entstehen. Wenn man nichts dagegen unternimmt, werden die Schäden größer, bis man sie sogar mit der Lupe als Microausbruch sehen kann. Das spürt man dann auch bei der Rasur. Da kann man mit Paste oder einem Finisherstein nix mehr machen und muss die "Scharte" mit einem gröberen Stein auswetzen.
Das ist wie bei einem Fahrradreifen, auf dem zuwenig Druck ist! Der Reifen walkt, verschleißt schneller und schlimmstenfalls fängt man sich bei einem Schlagloch einen Platten ein, weil die Felge durchschlägt und man zwei Löcher im Schlauch hat.

Deshalb: Beim Reifen immer Luft aufpumpen und das Messer regelmäßig Auffrischen :-) Ob man das mit einem Finisher oder einem Pastenriemen macht, ist doch egal und hängt vom persönlichen Geschmack ab. Die rote Paste finde ich jedenfalls auch ganz toll geeignet.

Derzeit habe ich 4 Messer in regelmäßigem Betrieb von denen ich 3 mit Steinen (2 Finisher und 1 Barber Hone) und eins mit Pastenriemen nach ca. 10 Rasuren auffrische. Vielleicht kommt noch ein 4. Stein dazu. Mal schaun' was rauskommt. Ich stehe aber noch so ziemlich am Anfang, weil ich zwischendurch auch andere Dinge probiere. 100 Rasuren pro Messer sollten es schon werden, es wird also etwas dauern, bis ich etwas subjektiv-quantitatives dazu sagen kann.

alvaro

Unser Freund Tosca könnte etwas dazu sagen.
Der hat als Anfänger sehr gute Erfahrungen mit Auffrischen gemacht

Cuchillo

Zur Standzeit eines Messers habe ich gerade in "Das Rasiermesser" von Max Schmidt nachgelesen, einem wirklich lesenswerten Buch. Im Abschnitt "Sinn, Zweck und Voraussetzungen des Hohlschliffes am Rasiermesser" wird ein nur leichter Hohlschliff (z.B. mit einem 40 cm Stein) dem Vollhohlschliff gegenübergestellt. Ein 40 cm Stein ergibt eine nur geringe Dünnung, also der Bereich über der Schneide wird rasch dicker und ist sehr unflexibel. Bei einem vollhohlen 5/8 Messer entsteht die Dünnung durch den Vorschleifer z.B. mit einem 11 cm Stein und ist damit viel dünner und flexibler. Man kann das durch die Nagelprobe testen. Max Schmidt schreibt, dass das nur leicht hohle fast plane Messer rasch stumpf wird, während das dünn ausgeschliffene vollhohle Messer mit dem Ledern immer schärfer wird. Es wird im Buch als "eingerichtet" bezeichnet. Nun sind viele Messer heute nicht wirklich dünn ausgeschliffen und wenn die Schneide durchs Nachschärfen bereits dick geworden ist, ist das Messer in seinen Eigenschaften dem fast planen sehr ähnlich. Dann muss man wohl relativ schnell nacharbeiten, z.B. mit Paste und natürlich geht das. Wenn man ein Messer lange ohne Pasten und Steine benutzen will, braucht man also den dünnen Ausschliff. Was nicht im Buch steht, aber meine eigene Anschauung, ist folgendes. Die Flexibilität in der Dünnung, die man bei der Nagelprobe sehen kann, hilft beim Ledern mit geringen Andruck, weil sich die Klinge bei zu viel Druck wegbiegt. Das macht das richtige Ledern einfacher. Ausserdem steht der Schärfaufwand im Verhältnis zur Dicke der Schneide und bei geringer Dicke reicht dann die Abrasivität des Lederns die Klinge scharf zu halten.

Tim Buktu

Aus den im Buch genannten Gründen geht das Nachschärfen eines vollhohlen Messers meiner Erfahrung nach auch deutlich schneller als bei den "Kloppern". Es ist bei den Wedges einfach mehr Material abzutragen. Das macht die Pflege dieser Messer deutlich aufwändiger und für mich ein Grund diese weniger zu verwenden. Ich bin leider schärffaul. Bei der Rasur liebe ich aber die dicken Dinger.
Tranquilo - In der Ruhe liegt die Kraft...

PS: Alles nur meine persönliche Meinung, die sich durchaus beeinflussen lässt und sich deshalb gelegentlich auch ändert!

BastlWastl

Zitat von: Tim Buktu am 22. Dezember 2022, 07:22:39Aus den im Buch genannten Gründen geht das Nachschärfen eines vollhohlen Messers meiner Erfahrung nach auch deutlich schneller als bei den "Kloppern". Es ist bei den Wedges einfach mehr Material abzutragen. Das macht die Pflege dieser Messer deutlich aufwändiger und für mich ein Grund diese weniger zu verwenden. Ich bin leider schärffaul. Bei der Rasur liebe ich aber die dicken Dinger.

Das ist wohl der Hauptgrund!

Aber ein gut geschärftes Messer hält wenn die Wärmebehandlung und der Schliff passt schier ewig, wenn man korrekt unbehandelt ledert.
Ich bin immer auf der Suche nach möglichst hoher Standzeit (gerade bei Küchenmessern, als Koch ist Zeit gleich Geld).

Pasten auf Leder können die Schärfintervalle sehr weit rauszögern (ähnlich dem Wetzstahl bei passenden Küchenmessern) aber der Aufwand wird nur größer.

Zwingend notwendig finde ich mittlerweile für eine erhabene Standzeit ein Prefinish mit den feinsten verfügbaren Synthetischen Schleifmitteln (z.B. Shapton 30k, Gokumyo 20k oder Lapping Film so fein wie möglich) + einen sehr feinen Naturstein (feine Arkansas Qualitäten, Thüringer Forelle, Ohtaniyama, Les Natneuse Belgier, Ggf. auch Escher Qualität Thüringer) der nur dazu genutzt wird die Schneide sanft zu machen.

Jetzt bin ich schon seit Jahren mehr oder weniger raus aus dem RM Thema aber ich rasiere mich min. 2 mal im Monat seit über 6 Jahren mit dem gleichen Rasiermesser ohne es auf Steinen gehabt zu haben. Nur mithilfe von Leinen und Lederriemen (ohne Pasten!) .

Der Hauptgrund neben dem eigenen Forum mit dem Thema Rasur/schärfen abgeschlossen zu haben, war ja das ich mit über 30 Rasiermessern die korrekt geschärft gut eingelagert sind, das ich bis an mein Lebensende nicht mehr zu schärfen hätte.

Will sagen langanhaltende Schärfe ist nur mit einer sehr sauberen extrem feinen Schneidkante die mit passenden Natursteinen perfekt nachgearbeitet wurde möglich. Ist im Übrigen bei Kochmessern (die vom Stahl her dafür geeignet sind) genau das selbe.

Mittlerweile gäbe es für den Druckschnitt (der bei der Rasur vorherrscht) noch viel mehr geeignete Stähle die die Standzeit noch viel weiter erhöhen würden. Beim Thema Küchenmesser explodiert das gerade, es werden ständig neue Messerstähle entwickelt, Magnacut, Apex Ultra etc... Selbst mit den "modernsten" Kobalt Wolfram Hartmetall Legierungen und sogar mit neuster flexibler Keramik kann man mit den mittlerweile vorhandenen Diamantschleifmitteln schärfen erzeugen die für eine Rasur allemal ausreichen würden (sogar nachgewiesener Maßen die gleiche Schärfe haben können wie eine Feather Klinge!), und damit das Thema in ganz andere Dimensionen heben könnten.  (nur brauchen tut das kein Mensch, es sollte auch so mit ordinärem Silberstahl und dem richtigen Know How gehen. )

Grüße Wastl. 



Cuchillo

#59
Zitat von: BastlWastl am 27. Dezember 2022, 13:21:17Zwingend notwendig finde ich mittlerweile für eine erhabene Standzeit ein Prefinish mit den feinsten verfügbaren Synthetischen Schleifmitteln (z.B. Shapton 30k, Gokumyo 20k oder Lapping Film so fein wie möglich) + einen sehr feinen Naturstein (feine Arkansas Qualitäten, Thüringer Forelle, Ohtaniyama, Les Natneuse Belgier, Ggf. auch Escher Qualität Thüringer) der nur dazu genutzt wird die Schneide sanft zu machen.



Bei mir funktioniert lange Standzeit auch ohne diese sehr feinen Steine. Ich habe nur einen gelben belgischen Brocken und ziehe danach auf schwarzer Heroldpaste ab. Beim Ledern schärft sich das Messer nach.