Alternative Riemenmaterialien

Begonnen von alvaro, 04. Juli 2018, 17:48:49

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EasyRider

@j0mber:

Herzlich willkommen hier und vielen Dank für deinen sehr interessanten Testbericht!  dh:
Vor allem die verschiedenen Varianten, die du ausprobiert hast, zeigen, dass das Hoffmann Poliertuch vielfältig kombiniert werden kann. Super!
Ich habe es bisher nur vor und nach Leder verwendet. VOR beim Schärfen, nämlich gleich nach dem Finisher, und NACH in der täglichen Routine bzw. beim Auffrischen.

Apropos Auffrischen: Hier vermag es m. E. n. die schwarze Paste vollkommen zu ersetzen. Und wenn man ein paar Züge mehr macht, sogar die rote. Das Ergebnis ist im wesentlichen gleich, aber das Poliertuch produziert eine deutlich sanftere Schärfe als die Pasten. Und das bei deutlich wenigen Zügen auf Leder zum Abschluss. Bei Messern, die zwar noch rasurbereit sind, jedoch schon etwas harsch rasieren, gehe ich 30 x über das Poliertuch, dann 30 x über Leder und dann noch einmal 10 x über das Poliertuch. Das Ergebnis ist eine Schneide, die so gründlich und sanft rasiert, als sei sie neu aufgebaut worden. Darin liegt für mich das eigentlich Geniale der Hoffmann Poliertücher.


j0mber

Diese Abfolge habe ich sogleich probieren müssen. Ich kann deine Aussagen bestätigen. Wirklich sehr angenehm diese Mischung aus sanft und gründlich. Wirklich genial das Tuch  dh: dh:

EasyRider

@j0mber:

Super!  dh:
Das freut mich für dich!

alvaro

Es wird Zeit, dass ich mir das Tuch zulege.
Auch dieser Beitrag zeigt mir wieder, dass wir noch lange nicht "am Ende der Fahnenstange" angelangt sind beim Schärfen, und gerade Steine nicht das "Nonplusultra" sind/sein müssen.

EasyRider

Zitat von: alvaro am 07. November 2021, 11:29:05
Es wird Zeit, dass ich mir das Tuch zulege.
... und gerade Steine nicht das "Nonplusultra" sind/sein müssen.

Hundertprozentige Zustimmung! Dieses Tuch zum Beispiel, das bei Manufactum gerade mal 5,50 Euro kostet, war bis dato immer noch in der Lage, alle Ergebnisse, die ich auf verschiedenen Finishern erzielte, deutlich spürbar zu verbessern.

harrahalmes

Ich bin jetzt grad etwas verwirrt. Redet Ihr gerade von dem CaraFin- Diamantpoliertuch der Hoffmann-Werkzeug-Group mit Sitz in München oder von einem Leinentuch der Weberei Hoffmann aus der Lausitz?  ???  :)
Hab ich einen Durscht... Ich könnt a halbe Sau ess, so müd bin ich.

EasyRider

Zitat von: harrahalmes am 08. November 2021, 10:35:26
Ich bin jetzt grad etwas verwirrt. Redet Ihr gerade von dem CaraFin- Diamantpoliertuch der Hoffmann-Werkzeug-Group mit Sitz in München oder von einem Leinentuch der Weberei Hoffmann aus der Lausitz?  ???  :)

Ich darf wie folgt entwirren:

Die letzten Beiträge - und somit auch der Test von @j0mber - bezogen sich auf das Tuch von der Leinenweberei Hoffmann, das es u. a. bei Manufactum zu kaufen gibt.

Das CaraFin-Diamantpoliertuch von der Hoffmann-Group, das ich weiter oben vorgestellt hatte, ist eher was für die Feinspitze unter den Schärfern, die mit Diamant umzugehen wissen. Denn mit diesem Tuch kann bald des Guten zu viel gemacht werden. Da bedarf es schon einiger Erfahrung im Umgang mit Diamant. Hat man die, lassen sich mit dem CaraFin großartige Ergebnisse erzielen.

Das Poliertuch von der Leinenweberei aus der Lausitz ist hingegen uneingeschränkt alltagstauglich, mit dem kann man nicht viel falsch machen. Und es reicht in 99 % der Fälle auch vollkommen. Das CaraFin richtet sich an das restliche 1 %, also an jene, die aus ihren Klingen das Letzte an Schärfe herauskitzeln wollen.


alvaro


EasyRider

Eine weitere - sehr effektive - Alternative zu Leder ist Oilskin, also gewachstes Canvas, wie wir es von unseren Wachsjacken her kennen. Dieses Material greift unglaublich und macht müde Klingen mit vergleichsweise wenigen Zügen wieder munter. Das Abzugsgefühl gleicht dem auf Latigo, allerdings setzt Oilskin der Klinge einen etwas höheren Widerstand entgegen als Fettleder. Das ist zunächst gewöhnungsbedürftig, weil sich die Klinge bei den ersten Zügen relativ stark ansaugt. Lässt aber mit jeden weiteren Zug spürbar nach. Die Klinge ist rasurbereit, wenn kein Widerstand mehr spürbar ist. Das geht allerdings relativ schnell: Bei keinem meiner Testmesser - derb, viertelhohl, vollhohl - habe ich mehr als 15 DZ gebraucht, um ans Ziel zu gelangen. Sehr gut scheint Oilskin den Derben zu bekommen.

Also, alte Wachsjacken nicht wegwerfen, sondern für den Riemenbau (weiter-)verwenden. Oilskin gibt es selbstverständlich aber auch neu als Meterware in jedem gut sortierten Stoffhandel.



alvaro

Du scheust auch vor nichts zurück  ;D ;D ;D

Sehr interessant was du da schreibst, du weißt ja, dass ich da auch immer für alles offen bin.
Gibt es da inzwischen eine "Rangliste" bei dir?

EasyRider

#70
Zitat von: alvaro am 05. Januar 2022, 16:31:00
Du scheust auch vor nichts zurück  ;D ;D ;D

Richtig! Wenn es um Riemen geht vergreife ich mich an (fast) allem... ;D

Rangliste habe ich und die sieht so aus:

1. CaraFin-Diamantpoliertuch von der Hoffmann-Group
2. Coramelle Italia Gummy Shark
3. Poliertuch der Leinenweberei Hoffmann in der Lausitz ex aequo mit Oilskin
4. Leinenriemen Lemaitre Demeestere "Venise Vintage Vert d'eau"  
5. Sicherheitsgurt

Anmerkung ad 1:

Auf dem CaraFin erzielt man zwar die höchste Schärfe, kein Wunder auch, ist doch Diamant im Spiel, aber diese ist so aggressiv, dass sie unbedingt durch nachherigen Ledereinsatz abgemildert werden muss. Ich verwende das CaraFin deshalb in einer Kombination mit Ziegenfettleder, die sich als ideal herausgestellt hat.

Anmerkung ad 2:

Alle von mir getesteten Gummisorten, ich glaube, es waren fünf, kamen nicht an das Original heran! Die Italiener scheinen da eine spezielle Gummimischung zu haben, die besonders für den Abzug von Rasiermessern geeignet ist.

Das heißt:

Nimmt man das CaraFin aus der Wertung heraus, weil es mit Leder kombiniert werden muss, und verfügt nur über normalen handelsüblichen Gummi, sieht die Rangliste so aus:

1. Poliertuch der Leinenweberei Hoffmann in der Lausitz ex aequo mit Oilskin
2. Leinenriemen Lemaitre Demeestere "Venise Vintage Vert d'eau"  
3. Sicherheitsgurt
4. Gummi

Übrigens: Als nächstes werde ich Ripstop-Nylon testen. Ein Freund aus Bergamo behauptet, damit allerbeste Ergebnisse zu erzielen. Das Zeugs ist schon zu mir unterwegs... ;D

Ich werde berichten.  

alvaro

Danke für die Antwort.
Ich muss die nächsten Tage mal nachsehen welche "Sicherheitsgurte" ich zuhause habe.
Hintergrund ist die unterschiedliche Webstruktur der Gurte, nur zum Abgleich damit wir vom gleichen sprechen.
(Mein "lieblings" Sicherheitsgurt ist ein alter Gurt aus einem DB 280E vom Schrottplatz mit einer parallelen Webstruktur)

EasyRider

Unter meinen Sicherheitsgurten funktioniert der mit Fischgratstruktur am besten. Stammt aus einem alten Ford Mondeo. Die vollkommen glatten Gurtbänder aus dem Fachhandel taugen hingegen nicht viel.

alvaro

Da ist meiner im Vergleich sehr glatt.
Muss ich mir mal die Gurte in meinem derzeitigen Ford zum Vergleich ansehen

EasyRider

@alvaro:

Einen meiner ganz glatten Gurtriemen habe ich mit Stiefel-Haftwachs behandelt.

https://www.lederversand-berlin.de/epages/10066594.sf/de_DE/?ObjectPath=/Shops/10066594/Products/BE-3901

Ergebnis: Aus der "Eislaufbahn" mit kaum Abzugswirkung wurde ein Riemen mit Latigo-Effekt. Mit anderen Worten: Die Griffigkeit des Materials konnte so um gut 100 % gesteigert werden. Verhält sich beim Abziehen ähnlich wie Oilskin.

Alternativ geht auch Bienenwachs-Balsam, nur lässt dessen Wirksamkeit schneller nach. Heißt: Man muss öfter nach-balsamieren.

Zur Anwendung: Haftwachs bzw. Bienenwachs-Balsam ganz dünn auftragen, kräftig einarbeiten und dann mindestens 24 h trocknen lassen. Das Haftwachs hält für etwa 50 Abzüge, dann muss man wieder ganz, ganz leicht nachwachsen.

Ganz wichtig: Haftwachs nur ganz sparsam verwenden! Sonst klebt die Klinge und es tut sich gar nichts...