Zeigt her Eure Kamisoris & japanischen Rasiermesser *Japanthread*

Begonnen von superbruno, 01. Oktober 2011, 18:24:00

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Rockabillyhelge

Kleiner Nachtrag und Rasurbericht zum Orihigata Kamisori  :)

Nachdem sich das o.g. gezeigte Orihi ja als leider nicht mehr schärfbar erwiesen hat und daher nur als reines Anschauungsobjekt fungiert habe ich durch einen sehr netten, was japanische Klingen angeht Seelenverwandten ein weiteres Messer dieser Gattung bekommen, diesmal weitestgehend unverschliffen (was man sich nach 200 Jahren erstmal vorstellen muss) und Ohuzuku scharf, es ist etwas kleiner aber das ist mir sowas von Wurscht den gelohnt hat es sich über aller Maßen.
Das Messer ist schmal, lediglich 4/8" dafür macht die 72mm Klinge echt was her, das Gewicht von zierlichen 23gr mag einem recht leicht vorkommen, die abgekantete Form des Rückens lässt es dafür aber wirklich sehr gut in der Hand liegen, besser noch als bei so vielen anderen Kamis mit dünnem Griff.
Ich möchte mal sagen, dass ich bisher kein Kami in den Händen gehalten habe, dass ohne Wicklung so gut in der Hand lag, auch im Gesicht ging es absolut hervorragend zur Tat, lange Klinge, griffiger Griff und dazu bestens geschärft, wahrscheinlich hatte ich gestern meine bisher beste Kamirasur (unter voller Berücksichtigung von Leidenschaft und Nostalgie, das Ergebnis war eine gute & glatte Rasur die ich durchaus auch von anderen Kamis schon zu genüge hatte).
Ich kann nicht verstehen warum die Japaner dieses eigentlich sehr runde Konzept des Orihi zugunsten der uns bekannten Formen aufgegeben habe wo ich jetzt ausschließlich Vorteile sehen kann und keine Nachteile. Ich vermute mal, das dies mit der preiswerteren Art der aktuellen Modelle zu tun hat (das Orihi ist komplett aus Tamahagane bzw. Tatara entstammendem Eisen/Stahl) und daneben der langen Klinge geschuldet die in Laminatform schwieriger herzustellen ist (daher auch selten Schneidlängen über 5cm).
Ich bin auf jeden Fall super happy, aufgrund des Alters wird es ein Sonntagsmesser aber zusammen mit dem anderen und der Box ein Stern meiner Sammlung.
Witzig ist allerdings, dass wenn ich die Box mit beiden auf einem Trödelmarkt oder der DE-Bucht anbieten würde, wohl keiner den beiden Spachteln Beachtung beimessen würde.

Auch mit Bart immer gut rasiert :)

Rockabillyhelge

Es gibt so Situationen in den erschließt sich einem der Spruch "War doof, merkste selber, ne?" in seiner ganzen Tiefe, so geschehen bei diesem wunderschönen Messer welches ich euch im folgenden Vorstellen möchte.
Als Liebhaber exotischer Messer, insbesondere Messern die etwas von der allgemeinen Üblichkeit abweichen habe ich ja schon die Kamisoris für mich entdeckt, nicht unbedingt alle aber die meisten die ich bisher hatte bzw. habe, so kam mir die Idee und der Schluß ist durchaus naheliegend, es mal mit einem westlichen Kamisori auszuprobieren.
Nach längerer Zeit des wenig zielgerichtetend Suchens fand ich dann eines in europäischen Gefilden (zum Zoll fahren und dann doch eh nicht zahlen zu müssen nervt mich inzwischen zu sehr)
zu einem sehr fairen, eigentlich unverschämt niedrigen Preis in rasurfertigem Nakayama-veredeltem Zustand. Nun ja, Rasurfertig + Ebay, da kann man seine Zweifel haben, in diesem Fall war es jedoch glücklicherweise zutreffend, out-of-the-Box hat es einen erstklassigen Haartest hingelegt.
Aber fernab der Schärfe war es dann doch irgendwie komisch, ich weis nicht ob ihr euch das vorstellen könnt aber wie eine Harley mit E-Motor, von beiden Seiten etwas gutes aber zusammen nichts halbes und nichts ganzes, irgendwie stimmig und dann doch wieder nicht. Diese Paranoia wie ich heute mal nennen will, führte dann dazu, dass es das erste Messer in meinen Händen wurde welches rasurfertig und in tollen Zustand darlag und unbenutzt im MH landete und ich danke allen die es sich angeguckt haben und nicht zugeschlagen haben, denn nach ein paar Wochen musste ich es unbeachtet aus dem MH nehmen da ich in Ferien gefahren bin. Durch die Erdung an der Küste (hört sich blöde an, ists aber bei mir so) etwas auf den realistischen Boden der rasurtechnischen Tatsachen gebracht habe ich es dann doch mal in die Hände genommen bevor ich es wieder einstellen wollte.
Naja und wie das dann so ist, man spielt mit dem Messer rum und da kam dann doch die Neugier auf, also Schaum an die Backen und ab an die Klinge.
Die Rasur hat mich dann vom Hocker gehauen, nix mit nichts halbes und nichts ganzes, das Ding hat rasiert wie der Teufel und ein in sich stimmiges Konzept auch wenns nach einer modebedingten Symbiose von Ost & West aussieht, es vereint die Vorteile beider Horizonte.
Die kurze Klinge bei langem Erl macht es sehr führig, Konturen und Flächen lassen sich sehr gut damit bearbeiten ohne das man sich an ein so arg an ein anderes Handling (dank der westlichen Schalen, Ausgewogenheit) gewöhnen muss, der eher derbe Kamisorischliff macht es dabei fast wie einen guten Sheffielder, sanft, schnitthaltig und abräumend ohne Kompromisse, ein tolles Messer, ich war baff.
Ihr könnt euch nicht vorstellen wie sehr mir ein Licht aufgegangen ist und wie ernüchternd das Gefühl war, etwas so angenehmes, im Endeffekt so spannendes ungetestet fast wieder verloren zu haben und das überdies noch aus eigener Dummheit. Mir ists eine Lehre gewesen wieder mehr zu testen und den Klingen, egal wie sie mir scheinen mögen mehrere Chancen zu geben um auch die Tiefen zu entdecken und ich hoffe, dass diese kleine Geschichte von mir und dem Okina vielleicht dem ein oder anderen Inspiration sein kann, ein ungeliebtes, scheinbar uninteressantes Messer neu entdecken zu wollen  :)















Auch mit Bart immer gut rasiert :)

efsk

Gute Geschichte, schönes Messer. Vielleicht sollte ich meine Kyoei mal wieder ausgraben.
Verzeih mir mein Deutsch. Ich bin ein Holländer.
lG - Richard

Grosser

Hier meinen beiden neuen Errungenschaften, beide knapp unter 6/8 Breite:

Nr. 1:










Nr 2 (laut Verkäufer aus Tamagane Stahl):









Kann mir jemand helfen, die Schriftzeichen zu entziffern?
Viele Grüße, Christoph

Rockabillyhelge

Das obere ist ein Tsurayuki und das untere ein Yamamasa Standard Grade, beide aus herkömmlichem Stahl und gute Messer. Das Tsurayuki wird etwas einfacher auf den Steinen sein, das Yamamasa ggf. etwas rustikales om Gesicht.
Auch mit Bart immer gut rasiert :)

Elias

Mensch Helge...Chapeau!  :o
@Grosser: Gratulation!!!

Gruss
Elias

Rockabillyhelge

Hehe, kein Problem  :)

Beim Yamamasa wäre übrigens noch zu erwähnen, dass die "Daumenmulde" auf der nicht markierten Seite nachträglich eingeschliffen wurde, wohl um die Handhabung zu verbessern (Kamis mir einer regulären Mulde finden sich im Henkotsu Thread und sind für die Serie Iyadekimorireru typisch und stilbildend). Solche Modifikationen finden sich häufig an Kamis da bedingt durch die massive Machart und Langlebigkeit Neuerungen im Design nachträglich eingearbeitet werden konnten bzw. können. Häufiger ist jedoch das nachträgliche aushohlen der unmarkierten Seite um die Schleifbarkeit zu verbessern, auch diese wurde beim Yamamasa getan. Dennoch ist es noch nicht allzu stark verschliffen wie die Rückenkante der Vorderseite zeigt, das die Hohlung nachgezogen wurde ist wahrscheinlich eher dem Umstand geschuldet das die Yamamasas ab Werk schon nur eine sehr schwache Hohlung hatten.
Auch mit Bart immer gut rasiert :)

Grosser

Vielen Dank Helge für deine ausführliche und fachkundige Antwort!
Jetzt habe ich wieder ein paar Stichworte, mit denen ich die Suchmaschine füttern kann, um etwas über die Geschichte der Messer zu erfahren!!
Schade nur, dass das untere Messer wohl dich kein Tamahagane ist... Aber die nachträgliche Daumenmulde finde ich spannend. Ich habe mich schon darüber gewundert.
Viele Grüße, Christoph

Rockabillyhelge

Tamahagane wird gerne überbewertet, die Ausweisung von Tamahagane als verwendete Schneidlage erfolgte auch erst nach der Öffnung Japans im 19. Jh. als Abgrenzung zum Importstahl, inwieweit dies aus Traditions- bzw. Nationalbewusstsein erfolgte muss man für sich selbst entscheiden, technisch hat Tamahagane gegenüber modernen Papierstählen und dem üblichen Yasuki Stahl auf jeden Fall nicht.
Auch mit Bart immer gut rasiert :)

bLee

Hallo,

hab vorhin folgendes Kamisori bei der Bucht ersteigert. War ein recht spontaner Kauf und nun frag ich mich ob das Messer überhaupt taugt. Was denkt ihr? Kennt jemand den Hersteller?
Es ist mein erstes Kamisori. Mich haben diese traditionellen jap. Rasiermesser schon immer angesprochen und nun werd ich dieses hier testen.





















- Jan

Rockabillyhelge

Also zum Hersteller kann ich dir erstmal nix sagen, aber in diesem offensichtlichen NOS Zustand mit voll erhaltener Brünnierung und Gold Lettern sowie keinem Verschliff ist es schonmal ein echter Hingucker  :D dh:
Es ist wie man schon am äußeren Eindruck sehen kann qualitativ hochwertig und verspricht (meiner Erfahrung nach) ein gutes Kamisori zu werden, allerdings vermute ich, dass es noch geschliffen werden muss, die Facette auf der gestempelten Seite scheint zwar spiegelpoliert aber auf der anderen Seite siehts dann doch rustikaler nach Grundschliff ab Werk aus (kann aber auch abgeklebt geschliffen worden sein, dann sieht man die neu geschärfte Facette quasi nicht).
Allerdings vermute ich des Weiteren, dass der Einstieg etwas Mühe bereiten könnte, bei einer Größe irgendwo zwischen 1,6cm und 1,9cm ist die Länger scheinbar nicht viel länger als 40mm, gepaart mit den beiden Spitzen (die ich nicht unbedingt entschärfen würde) ist der ein oder andere Ritzer vorprogrammiert, mit etwas Übung sollte die Rasur aber wirklich Laune machen  :D
Auch mit Bart immer gut rasiert :)

efsk

Verzeih mir mein Deutsch. Ich bin ein Holländer.
lG - Richard

bLee

Vielen Dank für die Einschätzung. Dem zufolge ist es also sein Geld wert (etwa 45€). Am Wochenende werd ich mich mal an das gute Stück wagen.

- Jan

Rockabillyhelge

Preislich voll OK aber wie gesagt, rasurscharf muss es natürlich auch sein, ich wünsch Dir gutes Gelingen  dh:
Auch mit Bart immer gut rasiert :)

kube

Hat mich heute aus Japan erreicht  :)

Ein Hanamasa Frameback ohne nähere Bezeichnung







Ist mein erstes Frameback, bin schon sehr gespannt auf die Rasur.