Suche Duft: Weihrauch

Begonnen von franz, 30. Juni 2011, 04:29:35

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baknip

Für Freunde des gepflegten Rauches heute mal kein Cologne, sondern ein Raumduft-Tipp: St. Moritz Fizz vom Dufthaus Memo klingt so liebenswert, hat je jedoch faustdickfies hinter den Ohren. "Wood Fire and Hot Incense" steht da auf dem 50-Milliliter-Fläschchen geschrieben. Und genau das bekommt man, nämlich mit ein paar Sprühstößen eine Raumbeduftung, die an einen offenen Kamin erinnert, bei dem man die Kaminklappe versehentlich vergessen hat zu öffnen, aber schon eine Handvoll Räucherharze ins offene Feuer gegeben hat. Möglich, dass für die Rauchwirkung direkt Flüssigrauch aus dem Metzgereizubehör verwendet wurde, der dort häufig statt echtem Räuchern zum Einsatz kommt.
Huiuiui, sehr heftig ist das.

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baknip


Achtung Hardcore! Hier kommt Rundholz 03 April 1968, ein großkalibriges Weihrauch-Kellergeruch-Geschoss, das keine Gefangenen macht. Mit modern abgemischtem Weihrauch, Harzen und säuerlich-muffigen Noten wirkt das Parfum ungnädig tieffinser und knall für mein Empfinden richtig ins Düstere.

Der über 21 Zentimeter lange Flakon aus dickwandigem Glas sieht aus wie ein Zepter oder Marschallstab. Er steckt einem schicken, schwarzen Steckkarton-Sarg, der sich zur dauerhaften Aufbewahrung dieses Graf-Dracula-Dufts eignet. Darin kann der herbe Inhalt weiter reifen und noch fieser werden.

Aufgesprüht verliert der Duft nach einer gewissen Zeit seine Spitzen, die mich so an ein Kellergewölbe erinnern, und wird vor allem würzig und ein freundlicher. Wer Weihrauch mag und mal ne moderne Duftinterpretation probieren möchte, könnte Rundholz 03 April 1968 ausprobieren.



Anhand der Rasiermesser auf dem Foto kann man die ungewöhnliche Größe des Flakons von Rundholz 03 April 1968 denke ich gut abschätzen.

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Platzger

vielen Dank für diese weitere Entdeckung. Ich mag ja den Geruch von muffigen Kellern sehr, da könnte das passen.
Good, cheap, beautiful - pick only two

baknip

Zitat von: Platzger am 22. November 2014, 13:47:41
Ich mag ja den Geruch von muffigen Kellern sehr, da könnte das passen.


...Kellergeruch finde ich ein spannendes Thema. Dazu greife ich eine Empfehlung von ganze vorne in diesem Thread auf: Messe de Minuit von Etro. Die aktuelle Version dieses Dufts hat mit Kellergeruch nichts gemein, sondern ist ein wunderschöner zitrischer Kirchenweihrauch mit viel Myrre und einer ordentlichen Portion Wärme, die den Duft für mich zu einem kräftigen Weihrauchschmeichler macht. Toll für den Abend, wenn man es sich zuhause gemütlich macht. Dank Messe de Minuit bin ich überhaupt erst auf Weihrauchdüfte aufmerksam geworden.

Es gibt allerdings nicht nur ,,ein" Messe de Minuit, sondern mittlerweile drei Varianten des Dufts. Version 3, die neueste, kann man sich bei Etro auf der Website ansehen und in Parfümerien, die Etro führen, proberiechen. Die aktuelle Version erkennt man am einfachsten am silbernen Deckel und an der schwarz-weißen Verpackung mit lila Farbfeldern. Verpackung und Flasche sind als ,,Eau de Toilette" gekennzeichnet.

Für meine Nase praktisch identisch mit der aktuellen Version ist die Vorgängervariante Messe de Minuit Version 2 (unten im Foto rechts zu sehen). Die besteht größtenteils ebenfalls Hesperiden, Kirchenweihrauch, Myrre und Wärme. Bei dieser Variante hat der Flakon einen goldenen Deckel und das Flaschenetikett ist rechteckig mit einem rechteckigen Paisley-Muster in der Mitte. Verpackung und Flasche sind als ,,Eau de Cologne" gekennzeichnet – die Dufthaltbarkeit nimmt es aber locker mit der eines Eau de Toilette auf.

Fehlt noch die Ur-Version von Etros Weihrauchklassiker unten im Foto links: Messe de Minuit mit goldenem Deckel, rundem Etikett, rundem Schriftzug und ,,Eau de Cologne"-Kennzeichnung.

Was in diesem Flakon steckt, hat kaum etwas mit den Duftversionen 2 und 3 zu tun, sondern ist ein komplett anderes Parfum, nämlich ein flüssig gewordener Gewölbekeller zum Sprühen. Die Etro-Parfümeure haben es geschafft, einen feucht-modrigen und für mich extrem morbide anmutenden Aromakomplex in die Flasche zu bannen. Der Weihrauch ist viel zurückhaltender und die wärmenden Elemente fehlen fast komplett.

Das ist definitiv kein Duft für jemand, der von anderen liebgehabt werden möchte. Nachdem ich vergangenes Jahr endlich die Möglichkeit hatte, die Ur-Version zu ergattern, habe ich vollstes Verständnis dafür, dass Etro den Duft seinerzeit überarbeitet hat...  Beim Probesprühen mit anderen GR-Forenmitgliedern gibt es den vorhersehbaren Aha-Effekt, wenn neben Etro-Neu das ursprüngliche Etro-Alt folgt.



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KäptnBlade

Zitat von: Platzger am 22. November 2014, 13:47:41
vielen Dank für diese weitere Entdeckung. Ich mag ja den Geruch von muffigen Kellern sehr, da könnte das passen.

Wenn ich das lese, muss ich unweigerlich an Coven von Andrea Maack denken.
Ist zwar nicht weihrauchig, aber feuchter Keller oder auch nasse Höhle.  ;)
Meine Angst, dass die Autokorrektur dieses Forums mal was Obszönes ausspuckt, wichst von Tag zu Tag!

Tim Buktu

Zitat von: baknip am 22. November 2014, 13:01:43

Achtung Hardcore! Hier kommt Rundholz 03 April 1968, ein großkalibriges Weihrauch-Kellergeruch-Geschoss, das keine Gefangenen macht. ....
Das hört sich für mich sehr interessant an. Ist das 1968 für Männer gut tragbar?
Tranquilo - In der Ruhe liegt die Kraft...

PS: Alles nur meine persönliche Meinung, die sich durchaus beeinflussen lässt und sich deshalb gelegentlich auch ändert!

baknip

Zitat von: Tim Buktu am 23. November 2014, 20:10:12
Zitat von: baknip am 22. November 2014, 13:01:43

Achtung Hardcore! Hier kommt Rundholz 03 April 1968, ein großkalibriges Weihrauch-Kellergeruch-Geschoss, das keine Gefangenen macht. ....
Das hört sich für mich sehr interessant an. Ist das 1968 für Männer gut tragbar?

Für mein Dafürhalten absolut, sofern man sich auf die unkonventionellen Duftnoten an sich einlassen mag. Dritte, die den Duft wahrnehmen, dürften kaum an einen vordergründigen Damenduft denken, wenn Du das meinst. Basenotes und Fragrantica führen den Duft als unisex, Parfumo als feminin und der Hersteller gibt meines Wissens nichts an. Ich würde mich generell nicht um solche Zuordnungen scheren, da sie ja einer gewissen Willkür entspringen und dem Wandel der Zeit unterliegen. Da könnte ich mir eher bei Tom Ford Sahara Noir, einem Weihrauchduft mit zum Ende hin deutlich wahrnehmbarer Süße, eine Wahrnehmung in Richtung femininer Duft vorstellen, wenn man Süße als feminin einordnen will. Aber auch den kann ein Mann ohne aufzufallen nutzen, meine ich.
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Tim Buktu

Herzlichen Dank! Ich werde mir bei Gelegenheit eine Parfümerie suchen, die Rundholz führt.
Tranquilo - In der Ruhe liegt die Kraft...

PS: Alles nur meine persönliche Meinung, die sich durchaus beeinflussen lässt und sich deshalb gelegentlich auch ändert!

Tim Buktu

Zitat von: baknip am 22. November 2014, 13:01:43

Achtung Hardcore! Hier kommt Rundholz 03 April 1968, ein großkalibriges Weihrauch-Kellergeruch-Geschoss, das keine Gefangenen macht. ....
Heute war ich in Stuttgart in der Schlossparfümerie. Ich wurde fachkundig durch die Weihrauchdüfte geführt. Vom "Rundholz 1968..." wurde mir freundlicher Weise eine Probe abgefüllt. Während des "Abfüllvorgangs" könnte ich aus ca, 1,5m Entfernung sehr deutlich wahrnehmen, was oben als "Kellergeruch" beschrieben ist. Mich erinnerte es, dem Keller sehr naheliegend, mehr noch an einen deutlichen Hauch aus dem Inneren eines leeren Weinfasses. Die muffige  Säuerlichkeit war mir erstaunlicher Weise sehr angenehm. Der Kontrast zwischen der fruchtig und leicht süßlichen Kombination aus Litschi und dieser hintergründigen Vanillenote und dem Weihrauch-Weinfass-Hammer ist abgründig. Überraschend kombiniertes Parfüm. Herzlichen Dank für den Tipp!
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PS: Alles nur meine persönliche Meinung, die sich durchaus beeinflussen lässt und sich deshalb gelegentlich auch ändert!

Tim Buktu

Heute das Rundholz 1968 zum ersten Mal auf der Haut. Das haut mich um, hätte nicht gedacht, dass es so außergewöhnliche Düfte gibt, die mir und meiner Frau gefallen.

Ich muss Acht geben, dass es mir in den Duftangelegenheiten nich der Ärmel reinzieht.
Tranquilo - In der Ruhe liegt die Kraft...

PS: Alles nur meine persönliche Meinung, die sich durchaus beeinflussen lässt und sich deshalb gelegentlich auch ändert!

baknip

#55
Zitat von: Tim Buktu am 30. November 2014, 01:32:10
Heute war ich in Stuttgart in der Schlossparfümerie. ...
Heute das Rundholz 1968 zum ersten Mal auf der Haut. Das haut mich um, hätte nicht gedacht, dass es so außergewöhnliche Düfte gibt, die mir und meiner Frau gefallen.

Ha, da hätten wir uns über den Weg laufe können - ich war Samstag auch in der Schlossparfümerie. Ich habe mir 50 Milliliter von Coup de Fouet gekauft, weil ich abgesehen von Carons Stammhaus in Paris keinen anderen Laden in Deutschland kenne, der diesen Duft noch anbietet.

Freut mich riesig, dass Rundholz 1968 bei Dir gut ankommt. Auf Kleidungsstücken haftet der Duft ewig, für meinen Geschmack sogar zu lange (auch wenn Du den letzte Satz sicher anders gemeint hattest  :D). Viel Spaß beim Sprühen ...
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Tim Buktu

Den werde ich sicher haben! :)
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PS: Alles nur meine persönliche Meinung, die sich durchaus beeinflussen lässt und sich deshalb gelegentlich auch ändert!

Platzger

dank der Grosszügigkeit unseres "Herr der Düfte" konnte ich sowohl das Rundholz sowie das Messe de Minut testen. Meine Herren, was für Kracher. In meiner Nase ist das Rundholz ein absolut herrlicher Weihrauchduft, erinnert mich an Elixir von Penhaligon's. Ich bin leider nicht fähig, Düfte so schön zu beschreiben wie andere Mitglieder hier, aber wer auf Weihrauch steht, der sollte daran nicht vorbeigehen.

Das Messe de Minuit hat mich absolut in den Bann gezogen. Das nenne ich Kellerduft - und liebe es. Sofort stiegen Assoziationen von Kellern mit darin gelagerten Aepfel in mir auf. Noch besser, vor vielen, vielen Jahren waren wir in Schottland in einer uralten Spelunke mit Eingeborenen am Whisky trinken und gemeinsam singen :angel: und genau so roch es dort. Leider gibt es laut Baknip dieses Wunderwasser nicht mehr, aber ich bin ein hartnäckiges Kerlchen, ich werde den Duft auftreiben.
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lotse

Was würde ich nur ohne baknip anfangen?
Ich hätte Zeit und könnte meiner Arbeit nachgehen. Statt dessen hänge ich in Gedanken an einem Parfumflakon.
"Casbah" von Robert Piguet aus der Nouvelle Collection hat mich fest im Bann und ich möchte immerzu einen Folgesprüher aus der Flasche lassen.
Dabei ist das überhaupt nicht nötig! "Casbah" ist ein Eau de Parfum mit einer Haltbarkeit, die ihresgleichen sucht.
"Casbah" ist ein sakraler Weihrauch, der zuerst mit einer gewissen Strenge den Raum beherrscht. Diese Strenge weicht aber im Verlauf einer versöhnlichen Milde ohne jemals die sakrale Note zu verlieren.
Im Unterschied zu "Avignon" von CdG lässt "Casbah" jede synthetische Nuance vermissen.
Schluß hier. Ich muß zum Flakon.

baknip

An warmen Tagen ohne Schwüle laufen manche trockenen Düfte zur Höchstform auf, das heißt, schon bei kleiner Dosis ist die Abstrahlung enorm. Sahara Noir von Tom Ford ist so einer, den ich heute früh mit großer Vorfreude wieder mal herausgeramt habe. Einer der ganz wenigen Weihrauchwässerchen, die für mich auch außerhalb der kälteren Jahreszeit funktionieren.

Im geriffelten 50-Milliliter-Flakon, in dem auch einige andere Ford-Düfte angeboten werden, und der diesmal passend zum Wüstenthema golden daherkommt, stecken viel Räucherwerk, unsüße arabische Gewürze und etwas Zimt, aber kein spirituell anmutender Weihrauch. Süße ist nur in homöopathischer Dosis enthalten, sodass der Duft bis zum Ende weitgehend trocken bleibt.


Ein bis zwei Sprühstöße genügen und es duftet nach Feuer, Harzen und Hölzern, denen ein klein wenig Zitrusfrucht zur Seite steht. Die Früchte sind aber nicht von der Sorte, dass man anbeißen möchte, sondern komme mir schon ein wenig vergoren vor, weshalb ich bei Sahara Noir zu Beginn immer auch an Keller erinnert werde. Das legt sich aber schnell und dann gewinnt der Duft an orientalischem Temperament. Und wie er so vor sich hinkokelt, kommt im Laufe der Zeit noch etwas Amber dazu, der den Duft zwar weicher, aber nicht weniger rauchig macht. Ich stelle mir vor, dass es so in Marrakesch riechen muss.

Und ja, der Duft ist unisex, auch wenn er oft in der Damenecke steht.
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