Hochglanz ein Muss?

Begonnen von moviemaniac, 27. Februar 2008, 10:34:07

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moviemaniac

Gestern kamen bei mir wieder mal drei Messer rein - eines sauscharf, die anderen brauchen eine neue Facette. Mit beiden hab' ich angefangen, eines hab' ich fertiggestellt. Da muss ich aber auch nochmal ran, die Facette sah nach dem 1000er gut aus, nach dem Ledern offenbarten sich ein paar Schwächen.
Aber, zu meiner eigentlichen Frage: Meine Messer (zumindest mein Antelope und mein Prima Klang) haben eine auf Hochglanz polierte Schneide. Wenn ich meine Messer schärfe (1000er/6000er/Thüringer MF/Paste grün/Paste Rot/Leder), bekomme ich zwar den Haartest hin, aber eine so schön perfekt auspolierte Schneide bekomme ich nicht hin. Sie glänzt zwar, aber eben nicht so stark. Wie bekommen die Schleifgurus im Forum eine so wahnsinnig glänzende Schneide hin? Soll ich gar die schwarze Paste auch noch auspacken?

harrykoeln

#1
Mein Guter, wenns interessiert, ich mach das so:
Aufbau der Geometrie der Schneide auf dem 1000er. Ein Kriterium wenn ich mit dem 1000er fertig bin ist, das Haare von Unterarm etwa im späteren Rasierwinkel appenitten werden. Das alles mit Spucke, Geduld, und geraden(!) Schüben dann haste nämlich schon die halbe Miete.
Bei mir gehts dann (einfach weil ich hab) auf den 3000er bis die Spuren des 1000ers raus sind. Ständiges Monitoring ist absolutes Muß - ich klemm mir die Lupe etwa alle 50 Schübe ins Auge. Der Biß auf dem Unterarm wird immer besser.
Das sind die obligatorischen Schritte beim Aufbau der Facette.
Dann gehts schon mal erst auf den BBB und dann auf den 6000er oder nur auf den 6000er oder auch schon mal 6000er und dann BBB. Eher ne Bauchentscheidung. Und immer wieder grüßt die Lupe. Hier nimmt der Glanz schon deutlich zu, weil auch die "Riefen" immer feiner werden.
Polieren fängt dann mit dem Thüringer (Manu) in der Regel an. Aber auch da hab ich die Qual der Wahl. Manchmal schalte ich vorher die Kieselerde, manchmal danach oder ich lass sie auch weg. Dann kann ich noch auf nen harten Arkansas Ölstein zurückgreifen. Jedenfalls nehmen Biss und Glanz beständig zu.
Immer folgt dann das Ledern.
Insgesamt stehen der Klinge dann noch sechs Streicheleinheiten bevor, ehe der Schaum winkt.
Losgehen tuts mit der roten DOVO Paste, <4y, dann die weisse TI-Paste mit Diamantanteilen <2y gefolgt von der <1y feinen schwarzen DOVO Paste. Den letzten Glanz gibts schleifend auf dem CrxOx-Riemen dann ab aufs Glattleder und final vor dem Schaum (ich weiß, ich weiß - Jungfrauen opfern und so) auf die Seide.
Ich halte nicht viel vom Haartest. Es gibt halt kein objektives Maß für Schärfe. Und da es keine festgeschriebenen Kriterien gibt, der eine hat Haare wie Seilbahnkabel, die des anderen siehste nur unterm Mikroskop, sehe ich ihn als das an, was er ist, nämlich nur ne Kinke. Wo schneide ich - 3, 5, 7, 8mm über dem Haltepunkt? Wie messe ich und womit? Wurzel wirklich oben? Und warum muss die überhaupt oben sein?
Na gut, machen tu ich ihn ja auch - aber bitte überbewertet ihn nicht. Gut, kappt ein Messer die Haare kann ich mich wahrscheinlich auch mit ihm rasieren - aber der Rückschluß ist mE bedenklich! Einer meiner besten Rasierer - das 6-7/8 W&B im (Palisander oder Amaranth war einmal die Frage... ihr erinnert euch?) Haartest? Meist Fehlanzeige, manchmal ja, manchmal nein, hin und wieder nur stellenweise.... Aber für die Rasur eine absolute Referenz.
Naja - so mach ich das halt - und es funktioniert.

Die Frage wollt ich auch noch beantworten: Je glänzender, desto schnipp...

 
"The two most common things in the universe are hydrogen and stupidity.
There is more stupidity around than hydrogen, and it has a longer shelf life."
Frank Zappa (1940-1993)

abc123

@ Klaus

8000er und danach die rosa Paste - dann hast du einen Spiegelglanz.
Hat aber nicht unbedingt was mit der Schärfe zu tun. Wer mit MF Thüringer und Chromoxid abschließt, wird auch ein sehr scharfes Messer haben aber eine eher matte Facette.

harrykoeln

@abc123
wie ist denn die Körnung (Größe, Härte) der rosa Paste einzustufen?
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Frank Zappa (1940-1993)

abc123

@ harry

Sehr fein!
Soweit mir bekannt, hat sie aber noch nie jemand austesten lassen.

Senser

Ich schließe mich abc`s Meinung an. Als letzten Stein einen 8000er, besser sogar einen 10.000er. jetzt hast du eine spiegelblanke Oberfläche. Jedenfalls durch einen Fadenzähler mit 12 facher Vergrößerung betrachtet. Normalerweise gehe ich jetzt erst mal auf den blanken Juchtenriemen und schaue erst mal wo ich bin. Wenn ich richtig gearbeitet habe, so funkzioniert der Haartest auch jetzt schon, wenn auch nicht auf der ganzen Länge und auch noch nicht so 100%ig. Aber ich weiß wo ich dran bin. In der Regel genügen jetzt wenige Züge auf dem Chromoxyd Riemen und später wieder Leder. Nur in hartnäckigen Fällen muß ich dann nochmal zurück auf die rosa Paste, dann wieder grün und Leder. Meist ist dann aber schon vorher was schief gelaufen, so dass ich doch wieder zurück auf den Stein gehe.
@ Harry
Die Haarwurzel muß beim Haartest deshalb nach aussen, weil der Haaraufbau sich ähnlich wie ein Schuppenpanzer darstellt. (oder auch der Stamm einer Palme) Wenn du das Haar an der Wurzel packst, dann schneidest du mit der Schuppenrichtung, und das heißt, du schneidest überhaupt nicht. Umgekehrt jedoch greift die Schneide sofort in das Haar und wenn das Messerscharf ist, schneidet es jetzt durch, ansonsten spaltet oder zefetzt  es das Haar nur. Auch sollte kein nennenswerter Widerstand zu spüren sein.
Aber lassen wir das lieber. Ich wollte nur klarstellen, dass wenn Haartest, dann Wurzel nach aussen.
Gruß Senser

moviemaniac

Ich danke euch sehr herzlich für eure ausführlichen Kommentare. Ich sehe, meine Ausrüstung ist unzulänglich. Ich hab' mal nachgesehen, die 8000er und 10000er sind ja mordsmäßig teuer. Ich glaub' da lass' ich das Schleifen lieber ganz - um das Geld kann ich oft Porto und Trinkgeld zahlen zum Schleifen.  ;)

abc123

Zitat von: Senser am 27. Februar 2008, 12:42:17
Nur in hartnäckigen Fällen muß ich dann nochmal zurück auf die rosa Paste, dann wieder grün und Leder.

Vielleicht kannst Du hier helfen, Senser.
Wie ist denn die rosa Paste im Vergleich zur Chromoxid-Farbe einzustufen?

harrykoeln

8000er steht auf meiner ToHave noch ganz oben. Da damit aber auch die Japannorm endet, endet hier auch mein weiteres Interesse an einem feineren Stein. Nen 10000er brauch ich definitiv nicht.
Ein rosa Pastenriemen ist noch ne Maßnahme. Senser meine ich hat mal geschrieben, wenn nix mehr hilft, bringe der einen weiter. Aber mich würde schon interessieren wo ich den einzustufen hab. 
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There is more stupidity around than hydrogen, and it has a longer shelf life."
Frank Zappa (1940-1993)

Senser

Die rosa Paste ist definitiv grober als Chromoxyd aber feiner als mein 10.000er Stein. Grober heißt aber auch abrasiver und deshalb nehme ich die rosa Paste in Verbindung mit einem Lederriemen auch nur wenn gar nichts anderes geht. Viel zu schnell hat man sich damit den Grat überzüchtet.
Ich habe aber einen festen Stoßriemen und das Stück Balsaholz damit imprägniert und das funktioniert hervorragend.
Aber ich kann es nicht oft genug wiederholen: Mit den Pasten aller Art sollte man so wenig wie möglich arbeiten.
Gruß Senser

moviemaniac

Könnte es sein, dass ich meine Frage selbst beantwortet habe?
Habe soeben ein Messer fertiggestellt 1000er/6000er/Thüringer/Grün/Rot/Juchte. Der Glanz ist noch etwas matt, dennoch ist der Haartest voll da. Das Haar springt nur vom Drücken gegen die Schneide in einer Höhe von 3mm über die Klippe. Testweise einen Klecks Maine Shave an eine kleine Stelle ins Gesicht geschmiert, kurz gewartet, hin mit dem Messer. Stoppeln waren dran, die Stelle ist ohne Einweichen und mit nur einmal drüberrumpeln halbwegs glatt geworden. Da freue ich mich ja schon direkt auf den Rasiertest. Ich bange, ich hoffe, dass der gut ausfällt, denn einen 8000er oder 10000er Japaner kaufe ich mir nicht. Früher hatten die Leute nur einen Stein und die Messer wurden auch brauchbar scharf.

abc123

Zitat von: Senser am 27. Februar 2008, 21:41:19
Die rosa Paste ist definitiv grober als Chromoxyd

Viel Raum bleibt da ja nicht, muß sich wohl zwischen 0,5 und 1 Mikrometer bewegen.
Die Schleifpartikel scheinen aber nicht so spitz und scharfkantig wie das Chromoxid zu sein.

Honka

Wenn es nur ums mögen geht:

Mir persönliche gefallen absolut hochglänzende Klingen in gerne auch einmal etwas "verwitterten" Heften

Senser

Zitat von: moviemaniac am 27. Februar 2008, 22:14:34....denn einen 8000er oder 10000er Japaner kaufe ich mir nicht. Früher hatten die Leute nur einen Stein und die Messer wurden auch brauchbar scharf.....
Tja Movie, was soll man darauf antworten?
Vielleicht folgendes: Früher hatten die Leute auch nur eine Rasierseife und nur einen Pinsel. Und der Bart ging trotzdem ab. ;)
Du hättest gerne eine hochglänzenden Fassette, möchtest aber nicht das nötige Geld in die dafür notwendige Hardware investieren. Auf der anderen Seite kaufst du aber soviel Software, dass du fast eine Parfümerie aufmachen kannst. Das finde ich widersprüchlich.
Gruß Senser

harrykoeln

Zitat von: Senser am 01. März 2008, 12:39:34
Zitat von: moviemaniac am 27. Februar 2008, 22:14:34....denn einen 8000er oder 10000er Japaner kaufe ich mir nicht. Früher hatten die Leute nur einen Stein und die Messer wurden auch brauchbar scharf.....
...kaufst du aber soviel Software, dass du fast eine Parfümerie aufmachen kannst. Das finde ich widersprüchlich.
...

Vorsicht, das Eis wird dünn...

Wenn ich was über Software wissen will - frag ich movie, gehts um schleifen, schärfen, Holz lieber senser.   
Jeder verteilt seine Leidenschaften und Interessen so, wie er es für richtig hält. Ich bin in vielen Dingen auch sehr widersprüchlich - und das ist auch gut so.  Ich würde es hier niemandem zustehen, über meine Verteilung zu werten! Soviel am Rande!
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Frank Zappa (1940-1993)