MyParfum – eigene Parfums kreieren

Begonnen von shaveman, 10. Oktober 2013, 12:22:43

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shaveman

Vielleicht kennt die schon jemand; ich habe soeben in einer E-Mail von MyParfum erfahren.
Dabei soll es sich um eine Duftmanufaktur handeln, die auf die Herstellung individueller Parfüms spezialisiert ist.

Auf ihrer Website bietet man den Kunden die Möglichkeit an, sich ein ganz individuelles Parfüm entweder
selbst zu kreieren oder kreieren zu lassen.

Hat das schon jemand von euch ausprobiert oder sogar ein paar tolle Tipps für Mischungen parat?

Hier kommt der Link:
www.myparfum.de

eule

Hallo zusammen, bin super neu hier.
Diese Duft-Seite hat mich immer ein bisschen skeptisch gemacht, vor allem wenn man weiß, welcher Aufwand normalerweise in solchen Bespoke-Parfüms steckt und was sie dann kosten. Die Infos auf Myparfum finde ich eher oberflächlich; die Seite wirkt ein bisschen gesichtslos, ohne Ecken und Kanten. Außerdem habe ich in meinen Parfüms gern zumindest etwas Gewissheit, dass gute Materialien verwendet werden, nicht im Sinne von "natürliche Essenzen" (ist eh utopisch), aber ein bisschen Rosenöl oder guter Moschus dürfen`s schon sein.
Aber was soll`s. 50 Euro waren mir jetzt den Versuch wert. Ich habe mir ein Parfüm mischen lassen, das vom Charakter her bestenfalls an "Timbuktu" von Artisan Parfumeur erinnern soll, weil ich das gut kenne & man hinterher zumindest halbwegs "vergleichen" kann.

Die Angaben waren: Maskulin - holzig/rauchig - Bergamotte, Fougère, Mango, Patchouli, Leder, Kashmirholz (Cashmeran).

Bin gespannt & werde völlig unvoreingenommen rangehen und berichten.
Grüße
Eule

eule

Aaaaaalso ... heute kam das Päckchen mit meinem "selbst" kreierten Eau de Parfum "Fox", 50 ml ... und ich bin SEHR gespalten mit Tendenz zu "ist es nicht wert."

Der Versand ist verblüffend fix. Selbst ein Guerlain von der Stange aus dem Laden auf den Champs-Elysées hätte länger gebraucht - und das soll ein Custom-Duft sein?? Der Flakon ist schwer, hochwertig, schnörkellos. Kommt im Hartkarton, wie ein Parfum Extrait. Und ist bis dahin auch einigermaßen hübsch. Die Beschriftung, die ich mir selbst raussuchen konnte, ist hingegen lausig. Extrem lausig.

Der Duft selbst hält nicht, was er verspricht. Obwohl: So gut wie alle schlechten Parfüms im Kaufhaus kosten heutzutage mehr ... insofern ...

Es handelt sich jedenfalls um ein extrem synthetisches, nur im ersten Moment starkes Gourmand-Gemisch, ohne große Haftkraft, dafür leicht klebrig auf der Haut, das ganz entfernt an "Encounter" von Calvin Klein erinnert. Ich kann - obwohl rausgesucht, weil ich diese Noten wirklich kenne - weder dezidiert rauchige, noch Patchouli-, geschweige denn Leder- und nur mit bestem Willen Fougère-Noten erkennen; Letzteres auch nur, weil der Lavendel und die Bergamotte ziemlich ausgeprägt sind. Die Mango - mein geliebtes L`Artisan "Timbuktu" oder Hermès "Un jardin sûr le Nil" haben sie als Note - ist höchstens in Form einer zuckrigen Süße erkennbar, es fehlt alles Bittere, Grüne, Pfeffrige oder leicht Faulige, das man von einem Mangoakkord erwartet. Das Cashmeran (bei Myparfum "Kashmirholz" genannt) - ein synthetischer Moschus, auf den ich wirklich stehe (Hauptnote von Kenzo "Jungle Elephant"/Missoni "Aria"/einige von Comme des Garcons) kommt von Anfang an durch und ist das, was es am Ende rausreißt. Cashmeran riecht irgendwie nie langweilig. Was mich beim Blick auf die Liste der Allergene (Zutaten im eigentlichen Sinn sind es ja nicht) verwundert hat, ist, dass Myparfum offenbar Baummoos und Eichenmoos verwendet (!) - macht in den letzten Jahren kaum einer mehr. Der Duft klingt aus als pudriger Lavendel-Moschus mit etwas Zigarettenrauch - unspektakulär, aber nicht wirklich total schlecht. Auf keinen Fall kann ich ausschließen, ob nicht viele Parfüms - ob Mainstream oder Nischenduft - sehr ähnlich minderwertig konstruiert sind und dabei ein Vielfaches kosten.

Was ich aber weiß: Alle meine Düfte und Aftershaves (ca. 180 Stück und ca. 300 Pröbchen) wirken in Sachen Einfallsreichtum UND Qualität der Zutaten deutlich hochwertiger, ob sie nun 30 bis 50 (die Mehrheit) oder 300 (nur einige wenige) Euro gekostet haben. Vom Gefühl her, dürfte das jeder Laie im direkten Vergleich deutlich wahrnehmen können.

Interessant wäre zum Schluss 1.) wie eine zweite Myparfum-Komposition eines völlig anderen Kunden duften würde. Und 2.) wie mein "Fox" ausgefallen wäre, wenn zumindest ein paar hochwertigere Duftstoffe verwendet worden wären, etwa ein guter Lavendel, echtes Bergamott- oder Patchouliöl, Weihrauch, Ambroxan etc. Aber Myparfum macht auch kein Geheimnis daraus, dass sie so gut wie ausschließlich Synthetika nutzen.

Insofern eine Enttäuschung - aber durchaus ein ehrliches Produkt.

 
Ich hoffe, der Leser kann was damit anfangen.

Grüße!

Tim



Bengall Reynolds

Danke für Deinen Bericht.
Es hätte mich auch verwundert, wenn man dort zu diesem Preis einen gut gemachten Duft bekommen hätte.
Ich stelle mir die Frage ob die wohl mit diesem Konzept erfolgreich sein werden?
Schließlich ist deren Angebote eher etwas für Afficionados wie Dich. Und Afficionados haben in der Regel gewisse Anspüche und können oft einen gut gemachten von einem "zusammengekippten" Duft unterscheiden.
Das Konzept an sich finde ich klasse aber Dein Bericht bestätigt meine eigene Vermutung.

On a long enough timeline, the survival rate for everyone drops to zero.

MelrosePlant

Es ist wirklich die Frage, welche Zielgruppe die Betreiber dort bedienen wollen und können.
Natürlich darf man keinen stimmigen Jahrhundertduft erwarten: nur einen, der in eine gewünschte Richtung geht.
Aber weiß man seine Richtung (die kann man nur kennen, wenn man bereits Ähnliches gerochen hat), dann kennt man normalerweise auch die Referenzen bzw. Alternativen, die in sich stimmiger sein dürften.
Die Vorstellung, sein 'eigenes Parfum' zu komponieren klingt vordergründig gut, aber letzendlich ist es wohl nur Spielerei.
Trotzdem bin ich überzeugt, dass sich die Macher eine goldene Nase damit verdienen...

eule

Hi MelrosePlant und Bengall!
Gerade habe ich Myparfum-Reviews auf Fragrantica gegoogelt, die zwar schon etwas älter sind, aber merkwürdiger Weise fast nur positiv ausfallen. Nun ja, so etwas lässt sich sicher auch ein bisschen steuern - jedenfalls drängte sich der Eindruck förmlich auf, dass da etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Wie auch immer. Ich schwanke zwischen der "goldenen Nase" und dem Argument "Zielgruppe". Interessant (und sicher lukrativ) wäre es, wenn ein "Premium"-Sortiment mit deutlich mehr Möglichkeiten und besseren Zutaten angeboten werden würde, vielleicht zu einem Preis, der Aufwand und Qualität einbezieht und hochrechnet. Viele Duftfans mischen sich eh das eine oder andere (z. B. Eichenmoos, Zibet, Iso-E-Super, Ambergris-Tinktur oder mehr Vetiver) in ihren Standardduft. Eine solche Option wäre dem einen oder anderen sicher 100 Euro plusminus wert.
Grüße
Tim