Ein paar simple Restaurations-Tricks

Begonnen von El Topo, 07. August 2009, 12:43:49

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El Topo

Hier mal ein paar Restaurations-Tipps aus El Topos Trickkiste:
Nichts Weltbewegendes oder revolutionär Neues, aber schon durchaus nützlich. Paar Tricks sind wahrscheinlich schon bekannt, gehören vielleicht schon zum Allgemeinwissen, manche Sachen hab ich mir ausgesponnen, aber erfolgreich angewandt. Mir geht es hier darum, mal nen Überblick über Restaurationsmethoden zu geben, die man mit wenig Material realisieren kann, und von denen auch Einsteiger auf diesem Gebiet profitieren können.

1. Klinge entrosten:
- Schleifpapier und Öl:
Bei vielen alten Klingen, die schon massiv Rost angesetzt haben, kommt man mit Polierpaste allein oft nicht weiter. Da hilft entweder der Dremel oder Schleifpapier. Da ich keinen Dremel habe, ist also Handarbeit angesagt. Je nach Zustand kann man durchaus schon mit relativ groben Papier mit Körnung 100-200 beginnen. Es sei gesagt, das solche Körnungen die Klinge ziemlich zerkratzen, man muss dann natürlich mit feinerem Papier nacharbeiten. Ich würde erst zur nächst-feineren Körnung übergehen, wenn die Schleifriefen vom Vorgänger komplett entfern sind. Ganz so, wie beim Schärfen. Macht man das nicht ordentlich, bleiben beim abschließenden Polieren sichtbar Kratzer übrig.
Mein Tipp: Vorm Abschleifen etwas Brunox Kriechöl auf die Klinge. WD 40 o.Ä. geht sicherlich auch. Das Öl verhindert, dass sich das Schleifpapier, besonders mit sehr feiner Körnung, so schnell zusetzt. Schon nach wenigen Zügen bildet sich auf der Klinge eine schwarze Brühe, die ich dann immer wieder mit nem Taschentuch abwische. Finde, bei der Arbeit mit Öl sieht die Klinge dann immer irgendwie sauberer und besser aus, da der Schleifstaub gleich entfernt wird. Zusätzlicher Vorteil: Der Staub bleibt am Öl hängen, und man schnauft ihn nicht ein




- Pitting:
Rostnarben sind lästig, um sie komplett zu entfernen, muss man ordentlich Metall abnehem. Ich halte das aber bei vielen Klingen (Hohlschliff!) für nicht ratsam. Damit es aber optisch bisschen besser aussieht, kann man in den Löchern Polierpaste einwirken lassen (siehe unten) und dann mit einer Zündkerzenbürste versuchen, die winzigen Fraßlöcher ,,auszufegen". Diese Messingbürsten, können den Rost abtragen, sind aber weich genug, um den Stahl der Klinge nicht zu zerkratzen. Kostet so zwischen 2 und 3 Euro im Baumarkt



- Kartoffelmethode
Hab ich auf SRP entdeckt. Man kann Messer mittels Kartoffelsaft entrosten. Ich nehm dazu ein bis zwei Kartoffeln, würfele sie und stecke sie in ein normales Saftglas. Nun stecke ich die Klinge in das Glas und sehe zu, dass die Klinge vollständigen Kontakt zu den Kartoffelstücken hat. Nach ein bis zwei Stunden hat sich mächtige was getan: Die Klinge ist schwarz und mit Schlieren übersäht. Kann man aber leicht wegpolieren (Paste). Danach sieht die Klinge besser aus als vorher.
Vorsicht: Manche empfehlen das gleiche Vorgehen, nur mit Zwiebeln. Ich rate davon ab. Hab das einmal gemacht, die Klinge sah dann noch übler aus, als nach dem Kartoffelbad, allerdings konnte ich den Dreck danach fast nicht mehr wegkriegen. Besser Finger weg, hiervon!


2. Polieren
Polierpasten gibt es dutzende. Ich nehm meistens ,,AKO" her, gibt's billig im Obi.




Das Zeug enthält Salmiakseife, was die Oxidationsschicht anlöst. Man kann es ein paar Minten einwirken lassen und dann mit frischer Paste abpolieren. Da geht dann einiges weg! Wegen dem scharfen Salmiakgeruch sollte man aber besser bei offenem Fenster arbeiten, ich benutze die Paste ausserdem nur mit Latexhandschuhen.

Im Baumarkt gibt's für 2-3€ sog. Schleifkorken. Damit kann man die Klinge, in Vernindung mit Polierpaste auf Hochglanz polieren. Durch die ,,scharfen" Kanten, kann man sehr präzise arbeiten, und Stellen, wie den (Doppel-)Ansatz, an dem oft Schmodder übrig bleibt, gut ausputzen. Natürlich nimmt der Kork den schwarzen Polierabrieb auf, ich nehm dann immer eine alte Hobelklinge und schneide dann sparsam die verschmutze Oberfläche ab. Die scharfe Klinge ermöglicht einen glatten Schnitt, man kann auch hauchdünn abtragen und verliert somit nicht nennenswert an Material



3. Hobelklinge
Nicht nur für den Schleifkorken gut, sondern auch fürs Abschleifen an schwierigen Stellen. Oft sind die Messerhefte ja noch intakt, aber innen recht versifft. Ich nehm dann feines Schleifpapier (600-1000), wickel einen schmalen Streifen um die Hobelklinge. Somit kann man jetzt gut zwischen den Griffschalen abschleifen und dort gründlich sauber machen, ohne dass man das Heft durchschmirgelt. (Hohe Körnung reicht da völlig). Ebenso kann man mit dieser Methode schwierige Stellen, wie die Oberseite des Erls bearbeiten. Einfach Messer auf 180° aufklappen und schon kann man da prima mit der umwickeleten Hobelklinge arbeiten






4. Zahnstocker
- Feinschliff
Für fieselige Präzisionsarbeiten, z.B. an Goldätzungen (siehe Filarmonica), nehm ich Schleifpapier, und wickel es um die Spitze eines Zahnstochers, so kann man millimetergenau abschleifen. Vorsicht: Durch den hohen punktuellen Druck hinterlässt auch 1000er Papier deutliche Kratzer. Eignet sich auch gut, um am Ansatz schwarze Stellen zu entfernen





- Feinpolitur mit Chromoxid (Lukas)
Zahnstocher platt drücken, in Lukas-Farbe tauchen, ordentlich trocken lassen. Wie oben beschrieben, kann man somit millimetergenau polieren. Rost entfernt das natürlich nicht, aber es bringt zum Teil ordentlich Glanz. Alternative: Ein Ohrenstäbchen in die Farbe tauchen, somit kann man bisschen großflächiger arbeiten.






Zum Beweis, dass es funktioniert, ein paar meiner Restaurationserfolge. Beim Fili z.B, hab ich zwischen der Ätzung mit dem Zahnstocher arbeiten müssen.

George Butler 6/8"
vorher:






nachher:


Kabrand 7/8"
vorher:


nachher:


Filarmonia #14 Especial




So, hoffe, es hat euch was genützt. Kritik ist erwünscht, aber ich würde euch viel mehr beten, auch eure ,,Taschenspieletricks" bei der Restauration zu posten.

P.S.:
Mein besonderer Dank geht an redmatze, ohne dessen wertvolle Tipps und Ratschläge ich die drei Messer sicherlich nicht so gut hinbekommen hätte.  dh:
Schöne Grüße aus dem Maulwurfshügel!


beeblebrox

Wow! :o

Vielen Dank, das sind gute Tipps! dh:

redmatze

toller Bericht, sowas hätte ich mal am Anfang gebraucht. Was hab ich da Unfug getrieben ;D
Gerade die nicht-´Dremelfraktion zeigt sich hier sehr erfinderisch !
Bravo!
Der Mund des Menschen, ist oft gefährlicher
als der Rachen eines Tigers.

Guilty


Immer wieder schön das es User gibt die sich auch mal ein bißchen mehr Arbeit zur verdeutlichung eines speziellen Themas machen.
Toll gemacht El Topo  dh:

Platzger

Klasse, el Topo, da werde ich mir sicher das eine oder andere abschauen - Danke. dh:
Good, cheap, beautiful - pick only two

harrykoeln

Klasse El Topo. Das ist ein toller Beitrag für die "Anleitungen" Ecke.
Danke für die Mühen.
"The two most common things in the universe are hydrogen and stupidity.
There is more stupidity around than hydrogen, and it has a longer shelf life."
Frank Zappa (1940-1993)

Iltis

#6
@El Topo: Tolles Bericht, da wird ich mir auch das eine oder andere ausprobieren. Danke

Obwohl ich im Grunde kein Freund die Machinen bin, finde ich das man eine Bohrmaschine sehr schön als Polierbock zweckentfremden kann:



Mit die passenden Filzscheiben, auf M5 Gewindestangen "aufgespiesst" kann man sich eine Menge Arbeit ersparen. Die Filzscheiben vom Baumarkt gehen relativ schnell kaputt, ich habe meine Hier einfach "Filzscheibe" als Suchbegriff eingeben und es gibt ein grosse Auswahl. Sie haben auch ein Riesenauswahl an Polierpasten in Angebot, aber ich habe da nix gekauft, kann also keine Empfehlungen geben. Was mich aber sehr überzeugt hat ist Bindulin (danke Redmatze!!), wie er sagt, mit nichts anderes wird der Tuch so schnell schwarz.

Was Pitting angeht, habe ich von der gleichen Laden eine tolle, sehr feine Drahtbürste gekauft:



Die holt das Dreck aus die tiefsten Löcher, und möchte ich nicht vermissen.

Was die Bohrmaschine angeht, die Drehzahl ist regelbar, und das halte ich für sehr wichtig, links/rechts laufen lassen erleichtert der Zugang an alle Bereiche des Messers, und auch hilfreich ist es, ein kleinere Bohrfutter zuzulegen, das es kein Gefahr gibt, mit die Schneide dagegen zu kommen.
Jetzt was gewagtes, und ich empfehle es niemanden ;) Ich arbeite ohne Handschuhe! damit fühle ich gleich, ob das Messer zu warm wird. Dabei lass ich die Maschine nicht zu schnell laufen, das wenn was passiert, es nicht zu dramatisch wird. Bei ein schnell laufenden Motor wäre sowas leichtsinnig...

Gruß
Iltis
de gustibus, aut bene aut nihil

muckerhase1966

Zitat von: Iltis am 07. August 2009, 18:48:40
Ich arbeite ohne Handschuhe! damit fühle ich gleich, ob das Messer zu warm wird. Dabei lass ich die Maschine nicht zu schnell laufen, das wenn was passiert, es nicht zu dramatisch wird. Bei ein schnell laufenden Motor wäre sowas leichtsinnig...

Gruß
Iltis

Nö.
Bei solchen Arbeiten -Drehbank, (Stand)Bohrmaschine- sollte man _nie_ Handschuhe anziehen, weil, wenn die vom rotierenden Futter erfaßt werden, reißt es Dir ganz flink mal die Finger aus... :o

Gruß

Volker
Früher war vieles gut, und das wäre es heute immer noch, wenn man die Finger davon gelassen hätte! (Jochen Malmsheimer)

kriklkrakl

.. habt ihr schomal Zahnpasta als Polier- und Putzmittel auf dem Schwabbel gehabt?

Feine Schleifkörper, schonende Reinigung - müsste eigentlich passen! ^
"Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört,..
Es müsse sich dabei doch auch was denken lassen."
Faust I,Mephistopheles

Terzian

@ El Topo.

GENIAL. Danke für die Mühe. Werde einiges gerne umsetzen.  dh:
Von den leichten französischen Landweinen ist mir Cognac am liebsten.

Marco

kalle o

Vielen Dank für den den tollen Bericht El Topo!

Das bringt uns alle weiter!!!

Was die Bohrmaschine angeht - ich benutze auch den Akku-Schrauber zum polieren. Das geht gut!


El Topo

@Iltis

Tolle Bilder!  dh: Ich hab mir mal was Ähnliches gebaut. Allerdings waren die Utensilien von nem Nachbarn geborgt und ich hab vergessen,
Fotos zu machen o)  Ich hab, ähnlich wie Iltis, eine Bohrmaschine in nen Schraubstock geklemmt, in das Bohrfutter habe ich einen schmalen
Metallzylinder gespannt. Als Polierbock habe ich einen alten Spüllappen in Streifen geschnitten und um den Zylinder gewickelt, mit Kabelbindern fixiert.
Polierpaste aufgetragen, fertig. Gleiches geht auch mit 1000er Schleifpapier, die Klinge hat dann nen schönen "Pliesster-Look" angenommen.
Die Konstruktion von Iltis sieht aber um Längen besser aus, und funktioniert bestimmt auch besser, als meine etwas wackelige Poliermaschine.
Richtig gemacht, ist das als Dremel-Ersatz aber keine schlechte Lösung, erst recht, wenn man so einen Aufsatz wie Iltis hat.

Wenn ich meinen Cousin mal wieder sehe, borge ich mir dessen Akku-Schrauber und spiel damit ein bisschen rum  ;)

Paste:
Die Bindulin Paste, die Iltis erwähnt hat, hab ich mir auch von redmatze geborgt. Finde das Zeug arbeitet wohl fast genauso gut, wie Ako oder Mellerud,
was ich sonst hernehme. Vorteil ist, dass die Bindulin nicht so unangenehm riecht. In Sachen schwarzer Lappen haut die Ako aber ein bisschen mehr rein,
löst auch etwas mehr ab, wegen der Salmiakseife. Der Geruch kann einem aber schon mal die gute Laune verderben,

Auch gut ist die Mellerud Polierpaste. Hat auch Seife mit drin, riecht aber nicht so scharf wie AKO, poliert aber auch sehr gut. Die Bindulin ist mir fast zu dünnflüssig, die Mellerud etwas zu cremig, man muss schon sehr stark nachpolieren, damit das Zeug weggeht. Egal, alle drei Pasten sind sehr gut, unterscheiden sich nur in Nuancen und erzielen sehr brauchbare Ergebnisse. Wenn meine Vorräte mal alle sind, probier ich mal Elsterglanz oder Unipol.

Von redmatze hab ich noch so eine knetgummiartige, ockerfarbene Paste bekommen, die wohl für den Einsatz mit Dremel gedacht ist.
Ein winziger Batzen hiervon mit Brunox Öl angelöst, und dann mit dem Lappen aufgetragen, wirkt auch sehr gut. Weiß aber nicht genau,
wie das Zeug heißt.

In jedem Messerrastaurateur steckt wohl auch immer ein kleiner MacGyver  :D
Schöne Grüße aus dem Maulwurfshügel!


urza

Zitat von: El Topo am 07. August 2009, 12:43:49

3. Hobelklinge
Oft sind die Messerhefte ja noch intakt, aber innen recht versifft.

um da rein zukommen, also in die heft innen seite, nehme ich einen strick oder einen langen fetzen einer alten hose mache den ordentlich nass und tue etwas wasserloesliches Poliermittel drauf (Einstein, gibts in diversen billigmaerketen zukaufen z.b. pfennigfeifer) und stecke den stricke/langen fetzen zwichen die hefte und durch auf und abbewegung wird das schnell sehr sauber. je mehr wasser desto besser, und da das ne riesen sauerei gibt, mache ich das ueber dem waschbecken und harke den fetzen in den wasserhahn ein.
,,Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, daß sie allgemeines Gesetz werde."

    – Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 421 [Reclam S. 68]