Horrorhobel

Begonnen von Drei, 10. Dezember 2007, 16:49:42

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Drei

Ich darf einen Hobel aus türkischer Produktion vorstellen, der zu Testzwecken von henning verschickt wurde.
Hier ist der Höllenhobel:
 


Aus drei Teilen besteht er. Einem dünnen, kurzen Griff, einem gestanzten Blechteil, das als Bodenplatte dient (windschief und verbogen) und einem zerkratzten Kopf. Mieses Finish, grobes Gewinde. Der Kopf ist so dimensioniert, dass die Klinge auf beiden Seiten 2-3 mm übersteht. Die Klinge ragt dabei in einem 90° Winkel bedrohlich aus dem Hobel:
 

Wenn ich den Griff fest anziehe, versucht sich die Klinge der unebenen Bodenplatte anzuschmiegen und wird wellig. Das ganze Konstrukt ist mit 19g sehr leicht.
 
Hier ist deutlich zu erkennen, wie die Klinge verbogen ist. Am Rand steht sie steiler, in der Mitte flacher. Zudem ist sie schräg, weil sie von Hand zentriert werden muss und das geht äußerst schlecht.

henning

#1
Upps, Du hattest Recht. Deine Bilder stellen ihn nun in's rechte Licht. Da wird mir ja im nachhinein noch Angst und Bange. Gut daß ich den ersten Versuch gleich abbrach und schade um die 99 Cent die er kostete. Wirst Du ihn noch ausprobieren??
Morgen schicke ich Herzi den Chinesen zu. Der ist auch nicht zu unterschätzen, sieht nur besser aus dabei.
Ciao

Drei

#2
Materialauswahl und Qualität regen die Phantasie an.
 
Hier im Vergleich mit dem Merkur 23R (Reise).

Ich stelle mir vor, der Rasierer wird in einem anatolischen Gefängnis unter Zwangsarbeit gefertigt. Rußig schwarzer Boden, laut. Ein Mann an der Stanze, Modell aus der Zeit des vorvorigen Jahrhunderts, in bedrohlichem Schwarz gehalten. Der Arbeiter wird immer dann ausgetauscht, wenn er sich wegen der nicht vorhandenen Sicherheitsvorkehrungen verletzt hat. Pro Takt hämmert die Maschine eine Bodenplatte aus dem dünnen Weißblech. Höllischer Lärm. Letzte Woche hats Ali erwischt, als er vor dem fallenden Stanzwerkzeug die Lage des Bleches korrigieren wollte. Hand ab. Abay ist schlauer, er weiß, dass Qualität nicht belohnt wird. In der Verzinkerei von Säure zerfressene Gesichter über den groben Gummischürzen.

Oder anders: Acar, der iranische McGuyver, muss sich zwecks Tarnung den Vollbart rasieren. Da kein Barbier die Verwandlung mibekommen darf, verhüttet Ahmud kurzerhand einen gekaperten Laster voller Aidin-Schokolade und zimmert sich aus dem Alu-Stahl-Gemisch daraus einen Hobel.

Im Schlaf kommt mir dann die Erleuchtung: Der Rasierer ist ein Kinderspielzeug für angehende Nassrasurfetischisten und nicht zum Gebrauch mit Klingen gedacht. An diesem Traum bemerkt der versierte Leser die näher rückende erste Rasur.

herzi

Geschmackvolles Bild. Türkischer Hobel neben Deutschen und das Ganze auf einer englischen Rasiercreme.
Meinst Du visierter oder versierter Leser? Und jetzt los. Spann uns nicht auf die Folter.
Gruß,
Stefan

Drei

Gutes Auge herzi, wegen der englischen RC ;).
Natürlich meinte ich "versiert".
Folter muss sein. Ich kam ja auch nicht dran vorbei ;D

henning

Denk an Pflaster, Junge. Und wenn es mal nicht weiter geht, könnte es sich um Haut handeln, die sich im Spalt verklemmte.
Aber Du hast mein Mitgefühl. Ich glaube auch nicht, daß dieser Hobel noch zu unterbieten ist. Oder hat jemand noch etwas übleres?
Ciao

Drei

Die zuerst eingelegte Lord-Klinge entsorge ich unbenutzt, nachdem ich den Hobel unbedacht über das Küchenbrett gezogen habe. Der Klingenüberstand ist so groß, dass sich die Schneide ins Holz gräbt. So will ich nicht beginnen. Ersatzweise lege ich eine BIC ein.

Ein probehalber am Bein ausgeführter Strich zeigt, auf was ich mich einstellen darf: eigenartiger Rasurwinkel, Minimaldruck und sehr sauberes Ziehen dürfte nicht abträglich sein. Nach ausreichend langer Einweichzeit greife ich zum Gerät. Es ist so locker verschraubt, dass sich beim Aufnehmen bereits die Klinge verdreht und in diesem Zustand einen Klingenspalt von gut 4 mm bis zum welligen Bodenblech bildet. Ich rücke die Klinge wieder gerade, was nicht heißt, dass sie nun gleichmäßig im Hobel liegt.

Dünner Griff zwischen den Fingern. Ich beginne an den Koteletten. Spiegelbildliches Betrachten, wann die Schneide aufsetzt, wie wie aufsetzt. Winkel korrigieren! Lieber flacher als zu steil. Zu steil ruckelt. Touchdown! Die tanzende, instabile Klinge stützt sich an der Gesichtshaut ab, der lockere Griff gibt nach. Wackelt wie ein Lämmerschwanz. Ziehen! Die Klinge stellt sich auf, stemmt sich gegen die Stoppeln, will über den Widerstand gezogen werden. Der erste Strich ist immer noch zu steil, der Hobel hoppelt übers Gesicht, dann geht es so. Schwieriger wirds am Hals, und zwar da, wo Kurven zu rasieren sind. Prompt verhakt sich die Klinge zwei Mal, was zu kleinen Cuts führt. Zu locker das Ganze. Ich drehe den Griff lauwarm fest: die Klinge beschreibt eine Welle (s.o.). Erneutes Ansetzen. Kein Wackeln mehr, dafür unterschiedliche Schärfezonen. Von sehr scharf bis nicht schneidend alles dabei. Glatte Haut und grobe Stoppeln mit einem Strich. Eine gute Rasur ist so nicht möglich. Räudiges Gesicht.

  
Das Bild stammt vom zweiten Versuch, der zwar ohne Cuts ablief, aber die eben geschilderte "räudige Rasur" ergab. Für die Klinge war diese Art der Rasur auch eine Tortur, sie ist bereits nach zwei Rasuren stumpf und auch im 23er nicht mehr zu gebrauchen.

Danke henning, für das Testmodell. Ich glaube auch, dass dieser Hobel nur schwer zu toppen ist. Evilstes Modell Ever.


henning

Hattest Du das räudige Gesicht nicht schon vorher ;D? Scherz beiseite, sowas braucht doch kein Mensch. Aber wer stellt nur so etwas her? Bin mal gespannt wie Dir der Doppelwhopper aus China gefällt. Bei dem kannst du alle sadomasochistischen Tendenzen ausleben :P.
Ciao

Bengall Reynolds

Drei,

als nächstes schicke ich Dir eine Pistole.
Das geht schneller und tut nicht so lange weh!

Gibt´s doch gar nicht.
Wie kann sich ein einzelner Mensch derlei Torturen aussetzen?
Und das ganze dann noch ohne Geld dafür zu verlangen  :-\

Ist das so eine Art Selbstgeißelung/Buße für Sünden aus einem Deiner vorigen Leben?????
On a long enough timeline, the survival rate for everyone drops to zero.

herzi

Danke Drei für diesen schönen Bericht und auch für das tolle Bild. Vor das Gesicht gehalten sieht man erst mal das richtige Grauen.

@Bengall:
Schick dem armen Kerl nicht eine Pistole sondern RSs oder RCs. Die Mühe soll doch belohnt werden, oder?
Gruß,
Stefan

Drei

Schmerzhaft war das gar nicht. Zwei Cuts, was ist das schon... Wenn ich an die Anfänge mit Mach3 denke, da hatte ich ab und an mal einen dreifach-Cut.
TianTian- oder Panda-Klingen, dass war schmerzhaft (aber unblutig).

@henning: Ich habe mich auch schon gefragt, für welchen Markt der Hobel gebaut wird.

herzi

Ich habe mal was von Dekolleté Rasierern für Frauen gehört. Ob das sowas ist  ???  ;)  ;D  ;D
Gruß,
Stefan

Drei

Oh Madame, Ihr Dekolltée ist heute so bezaubernd räudig!

henning

#13
Von anderen Körperregionen ganz zu schweigen :P. Nicht, daß man hinterher als Kastrat rumläuft ;D.
Herzi müßte heute die Chinesen bekommen haben, so die Post denn wollte. Er kann Dich ja schon mal auf den Vierteiler einstimmen. Das Gefühl ist anders, aber ähnlich wie beim Türken. Irgendwie, als benutzte man so einen Gemüse-/Sparschäler. Also ich wünsche Dir Euch schon mal alles Gute.
Ciao

herzi

Gruß,
Stefan