Neues aus der Werkstatt - Mein erstes Rasiermesser-Heft

Begonnen von DailyDriver, 27. Juli 2025, 14:54:51

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Ombel

Ein hervorragender Bericht zu einer Arbeit von dir (gerade auch Teil II) 8)  dh:

DailyDriver

#16
Neues aus der Werkstatt ...
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Was darf es sein, der Herr?
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Ein Sandwich ... aber bitte dünn geschnitten ...!
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GlaDesign III
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Heute stelle ich euch wieder ein Messer mit selbstgemachten Heftschalen vor. Die Klinge in schönen, satten 6/8 ist keinem Hersteller zugeordnet und stammt aus einem kleinen Konvolut, welches aus dem Nachlass eines ehemaligen Messermachers (lt.Sohn) stammt. Leider war das originale Kunststoff-Heft über die Jahre der (unzweckmäßigen) Lagerung sehr unansehnlich und auch reichlich krumm geworden, so entschied ich mich für ein neues Heft, um die Funktionalität wiederzuerlangen und nicht zuletzt, um dieser schönen Klinge das Dasein eines ,,müsste ich auch mal wieder nehmen"-Messers zu ersparen ... Ihr wisst ja, das Auge rasiert ja immer mit.
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Als Material für das Heft habe ich mich diesmal für ein Holz entschieden, das zugegebenermaßen nicht ganz preiswert und auch in den richtigen Maßen etwas schwieriger zu bekommen ist, dafür aber ein dermaßen geiles Handling bietet und ein Handschmeichler ersten Ranges ist: Ebenholz.
Als Grundform des Heftes habe ich mich auch diesmal wieder für ein klassisches Heft entschieden, dabei aber versucht, durch die etwas ,,gedrungenen" Proportionen die kurz wirkende Klinge zu betonen. Um das klassische, aber (ich finde) elegante Aussehen zu unterstreichen, habe ich mich bei der Wahl der Vernietung auch eher an eine nicht zu dominante Form gehalten und die ,,Standard"-Rosetten/Nieten in Neusilber aus dem Hause KORAAT gewählt. Dennoch, wie immer im Leben, hat auch die Schlichtheit ihre Grenzen und eine Art ,,Eye-Catcher" musste dann doch sein ... Den Abstandshalter (denn keilförmig ist der Keil ja nicht) habe ich auch bei diesem Messer als ,,Sandwich" gefertigt. Das war aber doch schon recht schwierig, schon beim ersten ,,Probeliegen" der Klinge, dabei ermittelte ich die Maße des Abstandshalters, stellte sich heraus, dass diese doch recht schmale Klinge auch einen recht schmalen Abstandshalter benötigt. Letztendlich sind es 2mm geworden und ich musste schon ein wenig in meinem Materialfundus suchen, um entsprechendes für eine Sandwich-Bauweise zu finden. Herausgekommen ist ein Mittelstück aus 1mm starkem Neusilber, eingefasst von weißem, 0,5mm starkem Kunststoffmaterial.
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Die erste RdT...

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Zum Bau der Heftschalen ...
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...gibt es im Grunde nichts Spektakuläres zu vermelden. Einzig beim Zuschneiden der Schalen bin ich diesmal noch weiter an die Grenzen meiner Tischkreissäge und meiner Finger gegangen und habe es bis auf knappe 2,6mm Stärke gebracht. Keine Sorge, alle Finger sind noch da und funktionieren auch noch einwandfrei. Aus den Erfahrungen, die ich bei meinen vorherigen, selbstgemachten Heftschalen sammeln konnte, habe ich mir im Vorfeld auch Gedanken zur Bearbeitung, hier gerade in der Rundung der Heftoberseite, gemacht. Bei den vorherigen Heftschalen habe ich dort alles mit Schleifpapier verschiedener Körnungen gemacht, allerdings war dies bei kleineren Bereichen eher mühselig und auch recht ungenau. Eine Raspel kommt nicht in Frage, viel zu grob, eine Feile mit 2er-Hieb schon eher. Je mehr ich in Gedanken zur Problemlösung ,,versunken" war, umso weiter ging ich in Gedanken an meine Lehrzeit zurück und dann kam auch der ersehnte Geistesblitz ... Das Zauberwort heißt ,,Ziehklinge". Früher wurde die Ziehklinge auch das ,,Schleifpapier des kleinen Mannes" genannt. Ich muss gestehen, dieses ,,Früher" bezieht sich auf eine Zeit, in der ein sogenanntes ,,Schleifleinen", sprich Schleifpapier, noch ein sehr teures Gut war und bei den kleineren Handwerksbetrieben eher spärlich zum Einsatz kam. Im Nachhinein betrachtet war die Idee, mit einer Ziehklinge zu arbeiten, wohl eine der sinnvollsten Lösungen, auf die ich kommen konnte. Damit war und ist eine punktuelle Spanabnahme im mm-Bereich möglich, die Bearbeitung der Oberflächen z. B. zur Entfernung von Sägemarken sehr leicht und auch sehr genau. Bei der finalen Bearbeitung der Schalen kam natürlich auch hier die Frage auf: Womit das Holz gegen Feuchtigkeit und evtl. Wasserspritzer schützen? Hier entschied ich mich erneut für eine (bzw. dann 3 ×) ,,Behandlung" mit orig. DanishOil und anschließender Politur. Allerdings habe ich dafür bereits ein anderes Hilfsmittel für die nächsten Messer in Planung. Da werde ich es mal mit selbstgemachtem Holzschutz, auch Spoon-Butter genannt, probieren. Wenn es so weit ist, werde ich berichten ...
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Danke und Gruß
Gregor
LIEBER HABEN OHNE ZU BRAUCHEN ALS GAR KEIN SPASs! 😎

MRetro

Sehr schön, @DailyDriver. dh:
Schlicht und edel. Gleichzeitig wirken die Holzschalen gar nicht wie ,,frisch aus der Werkstatt".

DailyDriver

Zitat von: MRetro in 13. Oktober 2025, 16:49:18Sehr schön, @DailyDriver. dh:
Schlicht und edel. Gleichzeitig wirken die Holzschalen gar nicht wie ,,frisch aus der Werkstatt".
Vielen Dank!  dh:
LIEBER HABEN OHNE ZU BRAUCHEN ALS GAR KEIN SPASs! 😎

Ombel

Wieder eine wunderschöne Arbeit von dir!  dh:

Frage als Unwissender... wäre bei Rasierschalen auch " Klavierlack", also nicht nur der Lack als solches, sondern das Mehrschicht Lackverfahren möglich? Nicht zum Benutzen, sondern ausschließlich für die Vitrine!

DailyDriver

#20
Zitat von: Ombel in Gestern um 18:25:31Wieder eine wunderschöne Arbeit von dir!  dh:

Frage als Unwissender... wäre bei Rasierschalen auch " Klavierlack", also nicht nur der Lack als solches, sondern das Mehrschicht Lackverfahren möglich? Nicht zum Benutzen, sondern ausschließlich für die Vitrine!
Vielen lieben Dank für die Blumen!  :)

Was deine Frage angeht, möchte ich vorwegschicken, dass ich da nur über ein eher laienhaftes
Wissen verfüge, Ausnahme vielleicht im Bereich Modellbau und Air-Brush mit Acrylfarben und der
Alterung der Modelle (Kunststoffmodelle 1:35).

Insofern das Rasiermesser tatsächlich nur in der Vitrine liegt oder sage ich besser, in einer Vitrine
ausgestellt wird, dürfte das unter gewissen Umständen durchaus funktionieren. Die größte Herausforderung
bei der ,,Lackierung" von RM dürfte die (notwendige) Flexibilität der Heftschalen sein, denn beim Öffnen und 
Schließen des Messers wird durch die Form der Klinge am Erl, da ist sie im Regelfall breiter, eine Spannung 
in den Heftschalen aufgebaut, dies ist auch wichtig und mitverantwortlich dafür, dass die Klinge beim Öffnen
und Schließen einen gewissen Widerstand hat. Ob dieses ,,Verbiegen/Verwinden" bei einem mehrschichtigen 
Klavierlack nun evtl. Risse oder gar Abplatzer verursacht? Ehrlich gesagt...keine Ahnung. Wenn das Messer 
allerdings nur minimal bewegt wird und effektiv ,,nur" in einer Position verbleibt, dürfte es nach meiner 
bescheidenen Meinung keine großen Beschädigungen hervorrufen. Für den täglichen Gebrauch ist das Ganze 
dann aber wohl eher nix..

Aber vielleicht gibt es ja hier jemanden, der sich in Sachen ,,Klavierlack" besser auskennt und uns an
seinem Wissen teilhaben lässt.

Gruß
Gregor
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