Alternative Riemenmaterialien

Begonnen von alvaro, 04. Juli 2018, 17:48:49

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alvaro


Tim Buktu

Ich kann mir vorstellen das klappt vergleichbar gut wie mit Jeansstoff.

Übrigens war da ja schon eine Halterung dran!  ;D ;)
Tranquilo - In der Ruhe liegt die Kraft...

PS: Alles nur meine persönliche Meinung, die sich durchaus beeinflussen lässt und sich deshalb gelegentlich auch ändert!

Paula

Genau! Ich habe den Streifen extra so herausgeschnitten, damit das Schlidchen in der Mitte dran bleibt. So wurde der komplette Rest Verschnitt, weil an den Seiten ein Muster gewebt ist, über das ich nicht abziehen wollte. Ansonsten hätte ich vielleicht sogar zwei Riemen aus dem Tuch machen können.

EasyRider

Bitte, LATEX nicht zu vergessen.
Funktioniert nicht nur prima, sondern hat auch eine ganz spezielle Abzugswirkung, die nur wenige Züge erforderlich macht.
Ich verwende dieses Band da: https://www.sportshoppro.com/de/xq-max-latex-band.html
Hat den Vorteil, dass man daran nicht mehr herumzubasteln braucht, da es bereits über Haltegriffe verfügt und somit ein vollwertiger und sofort einsetzbarer Hängeriemen ist.
Übrigens: Latex-Streifen auf ein gut gepolstertes Stück Holz geklebt, ergeben auch erstklassige Stoßriemen.

alvaro

Latex?
Ist jetzt nicht dein Ernst!
da können wir ja eine Rubrik "Lack, Leder, Latex" aufmachen, und zwar ohne Hintergedanken ;D

Tim Buktu

Mehr als ein Zitat von EasyRider aus der RdT kann ich derzeit nicht beitragen:

Zitat von: EasyRider am 28. Januar 2021, 12:23:36
...
* Riemen: Eigenbau-Leinenriemen Himla "Sunshine Amber"  
* Messer: Riccardo Tonarini "Nautilus", 7/8 viertelhohl, Gradkopf mit Barber's Notch
...

Das Himla-Leinen ist topp und für das lederlose Abziehen eines RM perfekt geeignet. Das Pardi-Leinen hingegen, auf dem ich am Montag das Messer partout nicht rasurscharf bekam, hat sich jetzt in mehreren Vergleichstests als für dieses Vorhaben völlig unbrauchbar erwiesen: Zu fein, vor allem viel zu glatt. Messer, bei denen sich auf dem italienischen Leinen so gut wie gar nichts abspielte, nahmen auf dem Himla sofort Schärfe an. Aber nicht nur auf diesem, sondern auch auf den Rein- bzw. Naturleinenstoffen von La Redoute, McNutt of Donegal, Baltic Flax, Lemaitre Demeestere und Leitner Leinen. Die haben allesamt eines gemeinsam: Sie sind deutlich weicher als der italienische Stoff und nicht glatt, sondern rau. Nicht stark, aber doch deutlich spürbar, wenn man mit der Hand darüberstreicht. Und genau von dieser Beschaffenheit soll Leinen sein, will man es zum "Ledern" verwenden. Feinstes (italienisches) Bettlaken-Leinen ist jedenfalls vollkommen ungeeignet...
 
Tranquilo - In der Ruhe liegt die Kraft...

PS: Alles nur meine persönliche Meinung, die sich durchaus beeinflussen lässt und sich deshalb gelegentlich auch ändert!

ElDirko

Zitat von: EasyRider am 25. Februar 2020, 11:16:45
... Übrigens: Latex-Streifen auf ein gut gepolstertes Stück Holz geklebt, ergeben auch erstklassige Stoßriemen.

Zitat von: alvaro am 25. Februar 2020, 16:31:43
...
da können wir ja eine Rubrik "Lack, Leder, Latex" aufmachen, und zwar ohne Hintergedanken ;D

Ich fürchte wenn ihr das macht spült die Google suche hier ne Klientel rein die mit Stoßriemen was anderes assoziiert als ihr.  ;D

Falko

Ich fürchte wenn ihr das macht spült die Google suche hier ne Klientel rein die mit Stoßriemen was anderes assoziiert als ihr.  ;D
[/quote]

Amen :angel:

alvaro

@ElDirko

NEIN, wir werden DAS nicht machen........................leider haben wir das schon gemacht

https://www.gut-rasiert.de/forum/index.php/topic,36239.0.html

;D ;D ;D ;D ;D ;D ;D

EasyRider

#24
Wie in RdT angekündigt, will ich hier etwas ausführlicher über meine Leinenexperimente berichten. Ziel war, herauszufinden, ob ein Leinenriemen beim täglichen Abziehen einen Lederriemen zu ersetzen vermag. Getestet wurden 11 Leinensorten aus vieler Herren Länder, die mir von einer Textilingenieurin, die ich zuvor mit dem Sinn und Zweck meines Experiments vertraut gemacht hatte, empfohlen wurden.  Hilfreich dabei war, dass der Vater der Ingenieurin Messerer ist – und zwar schon seit Jahrzehnten -, wodurch sie mit der Materie durchaus vertraut war und somit schon fast instinktiv erahnte, worauf ich hinaus wollte.

Bei der Materialbeschaffung wurden auf Anraten der Ingenieurin nur Stoffe in Betracht gezogen, die nach der alten Manufakturtechnik, fachsprachlich als ,,Manchester Weaving" bezeichnet, gewebt wurden. Nur mit dieser Technologie, bei der sowohl Kette als auch Schuss aus reinen Flachsgarnen bestehen und in Doppelknotenverwebung miteinander verbunden werden, ist es möglich, ein Leinen mit homogener Oberflächenstruktur zu weben, das fein, dabei aber auch griffig ist, was bei der Verwendung als Abziehriemen von ausschlaggebender Bedeutung ist. Solcherart produziertes Leinen fadet nicht aus, fusselt nicht und unterscheidet sich damit fundamental von den herkömmlichen handelsüblichen Leinenriemen, die somit als Leder-Alternative vollkommen ungeeignet sind. Mit einer einzigen Ausnahme: Der Flax Strop von Tony Miller, den es aber als Einzelteil nicht mehr zu kaufen gibt.
Somit war die Auswahl eine recht begrenzte, denn es gibt in Europa nur noch eine Handvoll Leinenwebereien, die nach dieser alten Technik Stoffe produzieren, die den hohen Standards von ehedem voll und ganz genügen.

Eine davon ist die 1835 im Departement Nord gegründete Leinenmanufaktur Lemaitre Demeestere, in der Leinen von überragender Qualität produziert wird,  das sich für die Verwendung als Abziehriemen  geradezu ideal eignet. Feinst gewebt, aber spürbar griffig, ohne rau zu sein. Auf diesem Stoff konnte ich ein Messer, das eigentlich schon einer Auffrischung bedurft hätte und auf dem Cordovan-Riemen von Ezra Arthur (meinem Spitzenriemen) nicht mehr so richtig rasurscharf werden wollte, mit 20 DZ zu vorzüglicher Schärfe bringen.
Deshalb gibt es für diesen Stoff 10 von 10 Punkten.

Venise Vintage Vert d'eau – Lemaitre Demeestere (lemaitre-demeestere.com)

Auf Platz 2 kommt das Leinen von McNutt of Donegal, das immer noch nach alter irischer Tradition gewebt wird. Dieser Stoff ist ebenso fein wie der französische, aber deutlich rauer, was der Abzugsqualität aber keinen Abbruch tut. Da ich auf diesem Riemen aber doch deutlich länger als auf dem von Lemaitre Demeestere bleiben musste, gibt es für den Iren
nur 8 von 10 Punkten.

Mint Linen Napkins — MCNUTT OF DONEGAL

Ex aequo auf Platz 2 kommt das Leinen von Baltic Flax, das in Litauen produziert wird und für Reinleinen recht weich ist, was einen sehr sanften Abzug ermöglicht,  der bei vollhohlen Messern unbestreitbar seinen Vorteil hat. Bei den Derben und Viertelhohlen muss man bei diesem Stoff jedoch mit etwas Druck und/oder etwas Durchhang abziehen. Dann erzielt man darauf aber beste Ergebnisse.
Vergeben werden 8 von 10 Punkten.

Pink Lavender Stonewashed Linen Fabric 215 g/m2 - Baltic Flax (baltic-flax.com)

Sehr gut und somit ein Anwärter auf Platz 1 wäre das ebenfalls in Litauen fabrizierte Himla-Leinen gewesen, das aber nach mehrmaligem Gebrauch leicht zu fusseln anfing. Nicht arg, aber doch.  Die paar winzig kleinen Knötchen, die sich gebildet hatten, haben aber die Qualität in keiner Weise beeinträchtigt. Ein Freund, dem ich einen Himla-Riemen geschenkt habe, hat diese Erfahrung jedoch nicht gemacht und ist von diesem Riemen so begeistert, dass er seinen Lederriemen nicht mehr anrührt.
Dennoch kommt Himla deshalb nur auf Platz 3 und erhält 7 von 10 Punkten.

https://royaldesign.com/at/sunshine-serviette-45x45?gclid=CjwKCAiAg8OBBhA8EiwAlKw3kpQyjchTGvMKorYuDegZez6cFsQWaGZTZ9HtgE2okjQoKJ-i4jPrlBoCC1AQAvD_BwE#/302211

Summa summarum:  Leinen ist nicht gleich Leinen! Wählt man den richtigen (= nach traditionellen Methoden hergestellten) Stoff, ist Leinen eine vollwertige Leder-Alternative, die uneingeschränkt für den täglichen Abzug geeignet ist.

Kleiner literaturhistorischer Exkurs zum Schluss: In seinem Buch "Ansas und Grita", lässt Ernst Wichert, der Dichter Ostpreußens schlechthin, seinen Memel-Flößer das Rasiermeister "am Ärmel seiner Leinenbluse" abziehen. Wundert mich nicht, denn das "Memelländer Leinen", das damals von der litauischen Minderheit in Ostpreußen gewebt wurde, galt seinerzeit "als das beste Leinen im Reich". Die heutigen Webereien in Litauen weben noch nach dieser Methode.


alvaro

Toller Bericht!
Danke

Jetzt bin ich neugierig was Paula dazu sagt, der hat ja auch in letzter Zeit viel mit Leinen gespielt.
Leider komme ich selbst zur Zeit nicht so zum testen

EasyRider

Da ich 11 Leinenstoffe getestet, aber nur 4 davon vorgestellt habe, wollte ein Kollege wissen, warum ich die restlichen 7 "verschwiegen" hätte und meinte, in einem auf Objektivität bedachten Test dürfe nicht nur das Positive hervorgehoben, sondern müsse auch das Negative erwähnt werden. Ein berechtigter Einwand. Mit dem nachfolgenden Nachtrag soll das kurz und bündig ausgebügelt werden.

* Das italienische Leinen, bezogen von drei renommierten Herstellern, erwies sich als zu fein gewebt und somit als zu glatt. Diese Stoffe waren die reinsten Rutschbahnen, auf denen sich beim Abziehen nichts abspielte. Kurz: Hochqualitatives Leinen, aber für die Verwendung als Riemen nicht oder nur sehr eingeschränkt geeignet.

* Genau umgekehrt verhielt es sich beim Leinen aus Rumänien: Sehr grobe Webstruktur, die fast schon der von Sackleinen entsprach, obwohl der Stoff für die Verwendung als Bett- und Tischwäsche ausgewiesen war. Kurz: Ein regelmäßiges und ausschließliches Abziehen auf diesem rauen Gesellen hätte wohl eher früher als später zum Tod der Facette geführt.

* Das österreichische Leitner Leinen hätte sich von der Qualität her hervorragend geeignet, wäre es nicht oberflächenstrukturiert gewesen. Das verunmöglichte einen glatten Abzug.

* Die beiden über Wish und Ali bezogenen Stoffe erwiesen sich als vollkommen untauglich, weil sie grottenschlecht gewebt waren und von der Qualität her den Billigheimer-Leinenriemen aus Fernost zum Verwechseln ähnlich waren.

So, das war's auch schon.




MRetro

Interessanter Bericht, EasyRider.  :)  dh:
Kannst du dir bitte im ersten Teil nochmal die ersten 3 Links anschauen? Die funktionieren leider nicht.


Paula

Zitat von: alvaro am 21. Februar 2021, 19:27:40
... Paula dazu sagt, der hat ja auch in letzter Zeit viel mit Leinen gespielt...
@EasyRider  dh: Super Bericht, da bin ich zuallerst mal platt. Ganz so viel Erfahrung habe ich mit den Leinenriemen noch nicht gesammelt.

Den Riemen auf dem Bild (https://www.gut-rasiert.de/forum/index.php/topic,3529.msg684517.html#msg684517) ganz rechts habe ich bisher am meisten benutzt und er macht auch einen sehr guten Abzug, sodaß man ihn für den tägl. Abzug als vollwertigen Ersatz für Leder nehmen kann.

Den dritten Riemen von links hatte ich zunächst leicht eingeölt, mit einem Bimsstein angerubbelt und danach zweimal mit 100% Naturkernseife eingeift. Dadurch hat er eine etwas glattere Oberfläche bekommen. Den Riemen hatte ich auch eine zeitlang, sowohl mit einem 1/1 als auch ein paar mal mit einem 1/2 hohlen benutzt. Ich meine, daß dieser Riemen die Rasur mega sanft gemacht hat aber auch etwas den Schwung aus der Klinge nahm, sodaß die Klinge nicht ganz so leicht durch die Haare glitt und ich auch etwas mehr als sonst nacharbeiten musste. Sanft und gründlich im täglichen Gebrauch, würde ich sagen.

Ich wollte den Riemen danach noch mit Grafit weiter bearbeiten. Weil ich kein reines Grafit zur Hand hatte, habe ich kurzerhand die Mine eines sog. TK Stifts benutzt um den Riemen "anzumalen". Das Ergebnis war ein Fehlschlag! 2-3 min nach der Rasur brannte es wie Feuer auf der Haut. Eine weitere Behandlung (des Riemens) mit zusätzlich Kernseife auf dem Bleistiftgrafit konnte dieses Verhalten zwar größtenteils beseitigen, aber ich werde den Riemen gründlich auswaschen müssen.

Öl und Seife kommen dann aber wieder drauf! Man will schließlich etwas Abwechslung im Sortiment haben.

Einen weiteren Leinenriemen habe ich aktuell noch im Test, mit dem bin ich noch nicht fertig.

Nebenbei, in Bleistiftminen ist neben Grafit noch ein großer Teil Ton mit enthalten. Ob das Ergebnis allerdings mit reinem Grafit besser gewesen wäre weiß ich nicht.