Hängeriemen ölen? Ja/ Nein Wie und womit?

Begonnen von jomar, 05. Mai 2014, 20:30:00

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

jomar

Ja, Leute Danke für eure Antworten. Ich hab mich entschieden erstmal nichts mit dem Leder zu machen.Die Gründe von den erfahrenden User leuchten mir auch ein und das Ergebnis war ohne Öl oder Körperschmatze super. Habe meine Messer so rüber geschickt und muss sagen das ich vorerst mal wieder begeistert bin, das ich einen Schritt nach vorne machen konnte, in den Olymp der ultimativen Schärfe. Das ein gutes Leder doch nochmal so viel ausmacht hätte ich nicht gedacht.

harrykoeln

Zitat von: Senser am 14. Mai 2014, 17:39:00
...
Uns ausserdem, darüber streiten zwar die Gelehrten, aber trotzdem, ich behaupte, dass auch der unbehandelte Riemen eine minimal abrassive Wirkung hat. Das erkennt man schon allein daran, dass eine Facette im Laufe des Gebrauchs minimal ballig wird und irgendwann eben auch wieder auf dem Stein neu gesetzt werden muß.
Jedenfalls trägt der Reimen meiner Meinung nach deshalb auch zum Schärfeerhalt bei, und damit wäre Schluß, wenn man den Riemen fetten würde.

Gruß Senser


Ja ja ja ja....
Genau so sehe ich das auch!
Ist in meinen Augen auch ganz logisch, es nutzt sich NIEMALS nur das Werkstück, sondern auch immer das Werkzeug ab.

Zitat von: Senser am 14. Mai 2014, 17:39:00
...
Das erkennt man schon allein daran, dass eine Facette im Laufe des Gebrauchs minimal ballig wird und irgendwann eben auch wieder auf dem Stein neu gesetzt werden muß.
...
Wer sonst sollte das Metall ballig machen?

Ich habe eine neue Kollektion Riemen aufgelegt, wobei ich bei einem die Oberfläche so bearbeitet habe, das sie fast schon velourig/samtig ist. Ein wundervolles Leder und wenn Du mit dem Finger drüberfährst, siehst Du je nach Lichteinfall an den feinsten Härchen der Oberfläche Deine Fingerspur. Nach etwa 100 gelederten Messern wird diese zuvor cremehelle Farbe langsam immer dunkler. Was soll das anderes sein als Metallabrieb? Zumal es nur in dem Bereich ist, wo ich ledere, so drei bis fünf cm vor den Enden ists nach wie vor cremeweiss.
Ich stütze die Behauptung von Senser definitiv, das jedes Leder auch abrasiv wirkt.



 
"The two most common things in the universe are hydrogen and stupidity.
There is more stupidity around than hydrogen, and it has a longer shelf life."
Frank Zappa (1940-1993)

Silko

Danke für die konstruktiven Beiträge. Es erscheint mir auch einleuchtend, dass ein Leder nicht gepflegt werden muss, wenn es nicht auch bereits erforderlich ist. Es war auch wirklich nicht meine Absicht, hier eine Unruhe zu stiften. Im Focus der Betrachtung stand bei mir die Verwendung von Öl anstelle von Fett, oder umgekehrt.

Da ich aus dem Bereich der Restaurierung komme, sehe ich Leder auch unter einem anderem Blickwinkel. Bei zahlreichen restauratorischen Projekten mit Schärf- und Abziehledern, auch Stoßriemen, für diverse Messerchen, Hobelklingen, Stecheisen- und Beitel, Schärfmesser u.a. habe ich die Erfahrung gemacht, dass Öl einerseits dem in die Jahre gekommenen Leder eine gewisse frische Geschmeidigkeit zurück gibt, andererseits die dadurch quasi verdichtete und daher mit feinerer Mikrostruktur ausgestattete Oberfläche der Mikrophase in der Schneide ganz gut tut. Versuche mit anderen Ölen als Rinderklauen- oder Kamelienöl habe ich aber wegen der Verharzung/Polymerisation schnell aufgegeben.

Zwar mit restauratorischen Kenntnissen bestückt, erhoffe ich mir hier für den erst vor ein paar Monaten vollzogenen Umstieg zur eigenen Messerrasur interessante Anregungen und Tips. Ich bedaure, dass ich aus gesundheitlichen Gründen erst relativ spät zur Messerrasur gefunden habe. Insbesondere will ich mich aber auch dem Werkzeug Rasiermesser an sich widmen, da ich ohnehin einen Großteil meiner Lebenszeit der Erhaltung von Erhaltenswertem spende und es mich fasziniert und gleichzeitig herausfordert, Objekte zu retten, bevor sie dem Vergessen anheim fallen. Auf dem Müll, oder sonstwo!

Mich interessiert die Meinung der hiesigen Experten und ihre Erfahrungen, seien sie auch noch so kontrovers. Ich freue mich auf viele interessante fachlich und sachlich hinterlegte Beiträge. Mit den anderen werde ich mich nicht auseinander setzen.

Sorry für das teilweise off-topic, den Vorstell-Fred habe ich nicht gefunden.

Senser

Na dann ein herzliches Willkommen,
Sicher ist hier bei uns der Aspekt des "Erhaltens" oder der Konservierung, ja auch der Restaurierung, insbesondere der Rasiermesser, ein ständiges Thema. Gerade bei letzterem haben wir hier schon heftige Diskussionen hinter uns.
"Ab wann wird Restaurieren zur Vernichtung" im Sinne von Antiquitäten.
Auch bei den Riemen kann Ölen oder Fetten durchaus dem Erhalt des Objekts förderlich sein, sofern es sich dabei um ein Sammelobjekt handelt, welches nicht mehr für den Gebrauch bestimmt ist.
Wenn unsere Gebrauchsriemen aber einen Zustand erreicht haben, der solche Maßnamen erfordert, dann würde ich aber behaupten, dass ein solcher Riemen sich die Rente verdient hat, und durch einen Neuen ersetzt werden sollte.
Allerdings weiß ich nicht, ob unsereins, der den Riemen nur für die eigene Rasur verwendet (nicht die Schärfbesessenen  ;) ) in seinem ganzen Leben jemals einen Riemen unter diesen Gesichtspunkten verschleißen wird.
Gruß Senser



Grognar

#19
Mein schöner Riemen :(

Hatte ich vor 1.5 Jahren vom Weihnachtsmann bekommen(ja, manchmal bringt der sowas)
und mit seiner samtenen Vorderseite von der Fleischseite her mit Ballistol geölt. Hatte hier tagelang zu meiner Freude auch ganz festlich  gerochen :)

Dann nahm ich einen Ceranschaber, Oberfläche abgezogen, dann eine Glasflasche zwischen die Knie, den Riemen drum und hin und her gezogen. Ergebnis nach etwa einer Stunde ein sehr glatter Riemen, einem Kanoyama optisch nicht ganz unähnlich.  Die Messer wurden alle sehr scharf und allemal viel besser, als mein Anfängerriemen. Dieses Jahr war der Riemen teilweise gut dunkel. Störte aber nicht, viel Schlimmer aber..es kamen mit der ersten Wärme wieder ÖLGERBSTOFFRESTE? in Form von kleinen schmierigen Popeln, am Rücken vom RM als langer brauner Faden gesammelt, aus dem Leder..gar nicht gut. ALSO abgeschmirgelt, abgesaugt und ausgebürstet..Jetzt klebt das Messer da drauf wie Pattex und das Ledern wird auch noch anstrengend.. Ein Teufelskreis. Für mich ist das momentan was für den Vorabzug oder angeschlagene Messer, da wird bestimmt das ein oder andere Stahlfähnchen direkt abgebürstet. Für eine feine Ausrichtung des Stahls muss ich also nach meinen eigenen und subjektiven  Beobachtungen wieder ein glatteres Leder verwenden, wie gerade eben leider mal wieder meine Hirschledercouch. Den Nervenkitzel mag ich allerdings nicht. Die ist übrigens auch glatt und speckig und liefert mir bislang immer das beste Ergebnis.

Ich frag mich nur, was da aus dem Leder austritt und warum passiert das nicht permanent.? Ob das Ballistol mit Gerbstoff und Lederkrümmel sind.?

BlueDun

Zitat von: Silko am 15. Mai 2014, 10:44:41
Bei zahlreichen restauratorischen Projekten mit Schärf- und Abziehledern, auch Stoßriemen, für diverse Messerchen, Hobelklingen, Stecheisen- und Beitel, Schärfmesser u.a. habe ich die Erfahrung gemacht, dass Öl einerseits dem in die Jahre gekommenen Leder eine gewisse frische Geschmeidigkeit zurück gibt, andererseits die dadurch quasi verdichtete und daher mit feinerer Mikrostruktur ausgestattete Oberfläche der Mikrophase in der Schneide ganz gut tut.

Das macht definitiv Sinn. Alte, versprödete Leder können nur über eine Zufuhr von Fetten wieder in einen Gebrauchszustand versetzt werden. Das funktioniert mall besser, mal schlechter.
Unterscheiden muss man das aber aber klar von der Frage nach der Pflege von an sich einwandfreien (neuen) Gebrauchsriemen. Da sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Es ist doch so, dass praktisch alle unsere Messerriemen keine Glattleder sind. Die Ledertypen haben alle eine mehr oder weniger offene, "rauhe" Oberfläche. Nennt es Wildleder, Velours, Samt, oder nennt es Härchen wie ein Vorredner. Ich denke, es sind genau diese Strukturen, welche unseren Riemen die erwünschte Eigenschaft verleihen - nämlich dass sie ein Messer sauber abziehen können. Ok, ich hatte auch schon einen "glatten" Riemen. Aber den habe ich schnell wieder entsorgt, weil er einfach nicht taugte.
Diese feinen Strukturen sind nun nach meiner Erfahrung äusserst empfindlich auf Fette. Diese führen nämlich dazu, dass sich das Ganze irgendwie zusetzt. Oder ganz konkret, meine eigene Erfahrung: Begonnen habe ich damals mit dem Standardriemen von Dovo. Vorne Leder, hinten Leinen. Haben wohl die meisten von uns. Auch dieses Leder hat im Auslieferzustand eine ganz leicht samtige Oberflächentextur. Und das möchte ich hier auch mal sagen: Das Leder ist gar nicht so schlecht!
Nun, wie auch immer. Einige Zeit nach Erhalt des Riemens kam es dann in mir hoch: "Sollte ich nicht den Riemen mal pflegen? Da muss doch sicher etwas Fett ran, damit er auch ja gut bleibt ...". Und mein Riemen kam ja sogar mit einer kleinen Tube Fett - extra für diesen Zweck. Nun aber nix wie hin! ..... Langer Rede kurzer Sinn: Der Riemen war nie wieder wie vorher. Gestern noch fein, samtig, mit Textur und nach der "Pflege" nur noch ein lebloses Stück Glattleder ohne Seele. Nie wieder!
Seither halte ich Fett von meinen Riemen fern wie der Teufel sich vom Weihwasser fern hält. Ausnahme ist da nur mein eigenes, höchstpersönliches Hautfett, welches ich wie Anfangs geschrieben in liebevoller Handarbeit einmassiere.

Meine Erfahrung, funzt bei mir. Für globale Allgemeingültigkeit und daraus resultierende Glückseeligmachung kann ich nicht einstehen  ;)

Gruss
BlueDun





Perikles

Hallo,

ist Lein-Öl für das Ölen des Hängeriemens von der Fleischseite geeignet?

Periklés

Sparschäler reloaded

Ich gehöre zu denen, die den Lederriemen nicht fetten, daher fehlt mir die praktische Erfahrung. Ich streiche vor jeder Rasur mit dem Handballen/Unterarm übers Leder.
Als reiner Theoretiker in Sachen Öl halte ich Leinöl aber für keine gute Idee, weil das nach einigen Wochen aushärtet. Auch an andere Pflanzenöle würde ich mich nicht herantrauen, weil die früher oder später alle ranzig werden. Gibt es überhaupt jemanden, der ölt?

Perikles

Danke, Sparschäler, normalerweise öle ich auch nicht. Ich ziehe nur den Riemen ab und an von der Hautseite her mal über die fettige Stirn, das ist alles. Auf die Idee mit dem Leinöl bin ich nur gekommen, weil ich damit Ledersohlen von Schuhen einöle (wenn das Öl für Speise schon über Haltbarkeit, aber noch nicht ranzig ist). LG Periklés

Sparschäler reloaded

Jetzt, wo du es sagst... Ich habe auch ein Gläschen altes Küchenleinöl in der Werkstatt. Damit habe ich mir vor Jahren einen Pastenriemen mit Polierrot gemacht. Die Paste aus Eisenoxid und Öl kommt dabei auf die Narbenseite des Leders, und selbst dadurch wird das Leder nicht zu einem starren Brett. Der Geruch ist über die Jahre auch verflogen.

Vielleicht gibt es ja tatsächlich jemanden, der das bereits zu Pflegezwecken gemacht hat, und berichten kann.

Rockabillyhelge

Hab schonmal geklärtes und entharztes leinöl aus dem malerbedarf genommen, klappt gut wenn man es so sparsam nutzt wie ich. Nutze sonst lederfett für reitsättel.
Auch mit Bart immer gut rasiert :)